Das Bauwerk soll in 26 Monaten auf Vordermann gebracht werden. Fotos: Alfred Gerold
Von Harald Berlinghof
Altlußheim/Hockenheim/Speyer. Sie arbeiten mit 2000 bar Druck. Dabei schießt ein Roboter mit Wasser die obere Betonschicht der Brückenfahrbahn weg und legt die unteren Betonschichten bis auf die Stahlbewehrung frei. Unter der Salierbrücke bei Speyer hängt ein Arbeitsgerüst, auf dem die Arbeiter stehen, die mit Quarzsand und Hochdruck den aus Bleimennige bestehenden Schutzanstrich des Bauwerks abstrahlen.
Das Gerüst ist komplett eingehaust, damit kein Blei in die Umwelt gelangen kann. Die Arbeiter stecken zu ihrem Schutz in dicht abschließenden Anzügen mit Atemmasken. Ihre Kollegen saugen mit Unterdruck die abgestrahlte Bleimennige in bereitstehende und luftdichte Behälter. Von da geht es zur Sondermülldeponie nach Heilbronn. Bleimennige ist ein Rostschutz-Stoff, der heute längst in seiner Anwendung verboten ist, sich aber noch immer in vielen Bauwerken findet.
Projektleiter Volker Staudacker vom Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt die Baumaßnahmen auf der Salierbrücke. Fotos: Alfred Gerold
Neben Über- und Unter- kommt noch der Zeitdruck hinzu. Bis Ende März 2021, so ist es geplant, soll die Rheinbrücke wieder für den Verkehr frei gegeben werden. "Noch liegen wir im Zeitplan", sagt Projektleiter Volker Staudacker vom zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe. Der Fund von PCB (Polychlorierte Biphenyle) in Brückenteilen hatte den Zeitplan zunächst ein wenig durcheinander gebracht. Die Behörde geht aber davon aus, die verlorene Zeit wieder aufholen zu können.
Das ist auch der sehnliche Wunsch von zahlreichen geplagten Autopendlern, die fast täglich im "zähflüssigen Verkehr" auf der Ausweichroute - das ist die nördlich verlaufende Autobahnbrücke - stecken. Denn die Salierbrücke selbst ist seit dem 21. Januar für den Autoverkehr komplett gesperrt. Nur Shuttle-Busse und, wenn nötig, Rettungsfahrzeuge oder Einsatzwagen der Polizei dürfen die einspurig befahrbare Brücke während der Sanierungsarbeiten nutzen. Fußgänger und Radler - wenn sie absteigen - dürfen die Brücke ebenfalls passieren. Ein eigens für die 26-monatige Bauphase angelegter Park-and-Ride-Parkplatz am Anfang der 275 Meter langen Vorlandbrücke wird gut angenommen. Entweder steigen die Pendler dort in Shuttle-Busse um oder sie holen ihr Fahrrad aus dem Kofferraum.
Alle zwei Jahre werden die Brücken in Baden-Württemberg einer Prüfung unterzogen. Außerdem gibt es eine sogenannte Nachrechnungsrichtlinie des Bundes, wonach die Bauwerke in regelmäßigen Abständen auf ihre Statik untersucht werden. Dabei hatte sich herausgestellt, dass die Salierbrücke Defizite aufweist, die mit einer groß angelegten Ertüchtigungsmaßnahme behoben werden müssen. Rund 11,3 Millionen Euro wird die Maßnahme voraussichtlich kosten. Zuständig für die Salierbrücke ist das Regierungspräsidium in Karlsruhe, obwohl die Brücke ja in der Mitte des Rheines das Land Baden-Württemberg verlässt. Es gibt aber Ländervereinbarungen in Form eines Staatsvertrages, die besagen, dass die Rheinbrücke bei Germersheim komplett in der Zuständigkeit von Rheinland-Pfalz liegt, während die Brücken in Karlsruhe und Speyer in die Verantwortung von Baden-Württemberg fallen.
Brücken müssen sich bewegen können. Bei hohen Temperaturen dehnen sie sich aus, bei niedrigen Celsiusgraden ziehen sie sich zusammen. Drei sogenannte Übergangsbauwerke geben der Brücke das nötige Spiel. Auf ihren Trägern, die auf den Pfeilern stehen, ist die Brückenfahrbahn auf Stahlrollen gelagert, die ihr Bewegungsfreiheit lassen. Für die Stabilisierung der Statik wird die Brücke unterhalb der Fahrbahn bis zum Rhein mit 15 Zentimeter Spritzbeton verstärkt. Zahllose, 30 Zentimeter lange Stahldübel stellen die Verbindung zum bisherigen Betongerüst her. 3000 acht Zentimeter große Löcher werden durch die knapp 600 Meter lange Fahrbahn der Brücke gebohrt, mit Beton ausgegossen und mit einem Stahlstab verstärkt. Das verbessert die Verbindung zwischen Fahrbahn und Unterbau.
Zusätzlich werden ein Zentimeter dicke und 20 Zentimeter breite Stahlbügel als Verstärkung aufgeklebt. Angeblich ist das Kleben mit modernen Klebstoffen haltbarer als Bohren und Schweißen, wie auch ein bekanntes Heidelberger Chemie-Unternehmen nicht müde wird zu betonen. Die Salierbrücke besteht aus der 270 Meter langen Vorlandbrücke auf der baden-württembergischen Seite und der eigentlichen 325 Meter langen Strombrücke, die bis nach Speyer führt. Die eigentliche Strombrücke ist eine reine Stahlbrücke mit einer Asphaltdecke. Die gesamte Brückensanierung wird von der Heidelberger Firma BWS Rhein-Neckar als Generalunternehmen abgewickelt.