Normalerweise wäre an einem Tag wie diesem sonnigen Mittwoch draußen kein Platz mehr frei gewesen. Doch die Corona-Krise ändert alles. Foto: Lenhardt
Von Rolf Kienle
Schwetzingen. Ein wahrer Bilderbuchtag: Blauer Himmel, 18 Grad, wie geschaffen für eine Erfrischung im Straßencafé. Doch seit Mittwoch gehen die Uhren anders. Die einen, Eisdielen zum Beispiel, dürfen gar nicht mehr öffnen. Die anderen, die Restaurants mit Terrassen, müssen ihre Außenbestuhlung so arrangieren, dass Tische und Stühle ziemlich luftig stehen. Anderthalb Meter Abstand schreibt die Rechtsverfügung der Landesregierung vor.
Für Bernd Lehnert, Wirt des Schwetzinger Kaffeehauses, heißt das: Er muss die Anzahl der Tische und Stühle vor seiner Gaststätte halbieren. Statt der gut 400 Sitzplätze auf dem Schlossplatz hat er nur noch 200. Die waren am Mittwoch um die Mittagszeit noch ganz gut frequentiert. "Als bekannt wurde, was auf uns zukommt, haben wir gleich reagiert", sagt Lehnert. Die nötigen Abstände schaffen, die Desinfektionsmöglichkeiten intensivieren. Tische, Türgriffe und Handläufe werden in regelmäßigen Abständen desinfiziert. Es geht Lehnert auch darum, die eigenen Mitarbeiter zu schützen. Er hat den gleichen Personalstand wie vor der Corona-Krise, aber mit kürzeren Schichten. Und um 18 Uhr ist Feierabend. Drinnen war das Kaffeehaus am Mittwochmorgen ohne Gäste. "An kühleren Tagen werden wir vermutlich gar keine Gäste haben", vermutet Lehnert. Dann, wenn es draußen zu ungemütlich wird. Abgesehen von jenen, die oft zum Mittagessen kommen.
Der Kaffeehaus-Wirt hat festgestellt, dass die Krise den Zusammenhalt in seinem Team gestärkt hat. Eine Aushilfe, die ansonsten gesicherte Einkünfte hat, bot an, ihren Job im Service an jene weiterzugeben, die darauf angewiesen sind. Das Sozialgefüge sei deutlich gestärkt, sagt Lehnert. Er hofft darauf, dass die Gastronomie nicht komplett schließen muss oder eine Ausgangssperre verhängt wird. Die wirtschaftlichen Einbußen werden ohnehin schon beträchtlich sein. Da ist sich Lehnert sicher. Insgesamt ging es am Mittwoch am Schlossplatz eher ruhig zu. Wenige Spaziergänger, keine Touristen.
In der Fußgängerzone, der Mannheimer Straße, sind einige Geschäfte geschlossen und nur ein paar Schwetzinger unterwegs. Im "Quadrato" sitzt eine überschaubare Gruppe beisammen. Abstand halten ist nicht ihr Ding. Im Welde-Brauhaus herrscht zumeist gähnende Leere. Drinnen sitzt ein älterer Herr beim Mittagessen, draußen haben sich drei junge Leute niedergelassen. Wirt Robert Nürnberger hat sein Mobiliar deutlich ausgedünnt, um die anderthalb Meter Abstand zu erreichen. 80 Plätze kann er noch anbieten. Deutlich mehr als er braucht.
Einen Großteil seiner 38 Mitarbeiter hat er nach einer Betriebsversammlung "in den Urlaub geschickt". Die Anträge auf Kurzarbeit seien gestellt, die Minijobber hat er angeschrieben und um Verständnis gebeten. Für die meisten, vermutet er, wird es nicht existenzbedrohend sein, wenn das Brauhaus die nächsten vier Wochen drastisch zurückfährt. "Ich will das gesamte Team durch die Krise bringen."
Gerade an Wochenenden wird das Brauhaus gut angenommen, sagt Nürnberger: Da ist jeder Tisch am Abend dreimal belegt, der Mittagstisch sei gut eingespielt. Da braucht er jede Hand, was sich auf einen Schlag verändert hat. Seit Dienstag versucht es das Brauhaus mit einem Abhol-Service. Der Gast kann online sein Schnitzel oder die Bratwurst bestellen, bezahlen und dann abholen. Persönlicher Kontakt wird auf ein Minimum reduziert.
Etwas Bürokratie muss offenbar sein: Alle Gäste eines Restaurants müssen seit gestern ihre Daten zur Nachverfolgbarkeit einer möglichen Infektion hinterlassen. Auf einem DIN A 4-Bogen müssen Namen und Adresse, sowie die Besuchszeit des Restaurants samt Tischnummer vermerkt werden. Die Daten werden angeblich nach vier Wochen vernichtet.