Oberbürgermeister René Pöltl. Foto: zg
Von Anna Manceron
Schwetzingen. Seit zwölf Jahren hält René Pöltl im Schwetzinger Rathaus als Oberbürgermeister die Fäden in der Hand. In dieser Zeit hat er so einiges miterlebt – auch was die Finanzlage seiner Kommune angeht. Zum Beispiel die Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009, als die Pleite der amerikanischen Bank Lehman Brothers einen weltweiten Bankencrash nach sich zog und die Schulden vieler Staaten in die Höhe trieb. Auch die Stadt Schwetzingen erlitt damals finanzielle Einbußen und musste ihre Bürger stärker zur Kasse bitten.
Doch das war scheinbar nur ein Vorgeschmack auf das, was in den nächsten Jahren auf die Spargelstadt zukommt. Bei der Einbringung des Entwurfs für den kommunalen Haushaltsplan 2021 am Mittwoch im Gemeinderat, machte Pöltl deutlich, dass die Lage ernst ist. Sehr ernst. "Noch nie habe ich bei der Einbringung einen vergleichbar schlechten Haushaltsplan-Entwurf erlebt", erklärte er. Die Corona-Pandemie habe eine globale Krise ausgelöst und beinträchtige die Kommunen massiv in ihrer Finanzkraft. Hinzu käme, dass Bund und Länder den Kommunen immer mehr Aufgaben übertragen, ohne ausreichende Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Das gelte zum Beispiel für den geplanten Anspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen. "Beide Ursachen schlagen 2020 und 2021 voll durch und belasten den Haushalt der Stadt sehr", so Pöltl. Bislang seien auch keine grundlegenden Finanzhilfen von Bund und Ländern für 2021 bekannt.
Laut der Prognose von Kämmerin Susanne Nagel und ihrer Mitarbeiterin Antje Lange werden die Einnahmen der Stadt gegenüber dem Jahr 2020 um vier Millionen Euro einbrechen. Gleichzeitig steigen die sogenannten Transferaufwendungen – zu denen unter anderem auch Umlagen zählen – um eine halbe Million Euro. "Gegenüber dem Jahr 2019 sind diese Ausgaben um fast acht Millionen Euro höher", berichtete Pöltl.
Unterm Strich rechnet die Verwaltung im nächsten Jahr mit einem Defizit von 7,6 Millionen Euro bei den laufenden Aufwendungen. Geld, das die Kommune in der Krise nicht aus eigener Kraft vollständig erwirtschaften könne, erklärte der OB und fügte hinzu: "Damit sind noch keine Investitionen getätigt oder bezahlt." Überhaupt sei das Papier nur deshalb darstellbar, weil die Verwaltung geplante Ausgaben in Höhe von fast acht Millionen Euro wieder herausgestrichen habe. "Und weil wir Ende 2019 über eine sehr hohe Liquidität verfügten", erklärte Pöltl. Das heißt: Die Stadt hat ordentlich Geld im Säckel. Aber: "Wenn die Prognosen so schlecht bleiben, wird dieses Geld Ende 2021 aufgebraucht sein", gab Pöltl zu Bedenken.
Trotzdem kommen radikale Sparmaßnahmen für ihn bislang noch nicht infrage. Selbst mit drastischen Einsparungen könne man diesen "dramatischen Einbruch" im Ergebnishaushalt derzeit nicht kompensieren. Und eine Erhöhung der kommunalen Abgaben im nächsten Jahr "wäre Gift für die Konjunktur und eine schwere Belastung der Gewerbebetriebe und Menschen", sagte der Rathauschef.
Stattdessen plädierte er dafür, auch in Krisenzeiten in die städtische Infrastruktur zu investieren. Im Bereich der Kinderbetreuung, der Bildung und der Schaffung zusätzlichen Wohnraums habe die Kommune wichtige Aufgaben zu erfüllen. "Wir dürfen beim Ausbau unserer Infrastruktur keine Federn lassen", betonte der OB. Selbst wenn man deshalb eventuell zusätzliche Kredite aufnehmen müsse. Im nächsten Jahr müssen die Schwetzinger also noch nicht mit einer Erhöhung der städtischen Steuern, Gebühren und Beiträge rechnen. "Wir sollten uns aber schon jetzt die Einnahmenseite ab 2022 anschauen und verbindliche Entscheidungen über die Anpassung kommunaler Abgaben treffen", drängte Pöltl. Sein Ziel: Die Stadt soll künftig pro Jahr mindestens zwei Millionen Euro mehr einnehmen – also rund 90 Euro zusätzlich pro Einwohner. "Sonst müssen wir einen nicht genehmigungsfähigen Haushalt befürchten", mahnte der OB.
Keine Abstriche machen will er bei der Förderung von Vereinen, Sport, Kultur und sozialen Projekten sowie beim Thema Bildung. An der Sanierung des Rothackerschen Hauses – für die immerhin mehrere Millionen Euro veranschlagt sind – hält Pöltl ebenfalls fest. "Wir sollten uns auf keinen Fall von diesem Projekt eines kulturellen und bürgerschaftlichen Zentrums verabschieden", betonte er. "So etwas leisten wir uns nur alle 20 Jahre."
Den 700 Seiten langen Haushaltsentwurf für das Jahr 2021 müssen die Stadträte in den kommenden Wochen erst einmal durcharbeiten. Der Verwaltungsausschuss wird darüber am 21. Oktober und wenn nötig auch am 11. November beraten. Der Beschluss im Gemeinderat fällt vermutlich am 16. Dezember.