Maskenpflicht und geschlossene Geschäfte: Bis zum 31. Januar wird sich daran nicht ändern. Foto: Lenhardt
Von Stefan Kern
Schwetzingen. "Dunkel und kalt wie nie" sieht Elke Ackermann-Knieriem vom Schwetzinger Modehaus Bräuninger die nächsten Monate. Für Joerg Steve Mohr vom Theater am Puls fühlt es sich zunehmend so an, dass keiner braucht, was man anbietet: Kultur. Nachdem die Bundesregierung die Verlängerung und Verschärfung des Lockdowns beschlossen hat, ist die Stimmung bei Gastronomie, Hotellerie, Einzelhandel und Kultur eher düster. Die RNZ hat mit Betroffenen in Schwetzingen gesprochen. Sie hoffen auf bessere Zeiten.
> Barbara Hennel-Goll: So richtig Sorgen macht sich die Inhaberin der Bücherinsel derzeit nicht. Das Jahr 2020 sei gegen die Erwartungen recht erfreulich verlaufen – was vor allem mit den vielen treuen Stammkunden zu tun habe. "Aber das ist nur eine Momentaufnahme und gilt auch nur für die Bücherinsel." Für Barbara Hennel-Goll zählt vor allem der Onlinehandel mit dem Riesen Amazon vorneweg zu den Gewinnern. Das Statistische Bundesamt untermauert ihre Einschätzung: Von Januar bis November 2020 erzielte der Onlinehandel in Deutschland ein Umsatzplus von über 23 Prozent. Zugleich musste beispielsweise der Handel mit Bekleidung und Schuhe ein Minus von über 21 Prozent verkraften. Auf lange Sicht könnte das das Stadtbild grundlegend verändern und am Ende auch der Bücherinsel die Lebensgrundlage rauben, befürchtet sie.
> Christoph Kieser: Für den Inhaber der gleichnamigen Buchhandlung trägt auch die Politik zur Verschärfung der Lage bei. Anders als beim ersten Lockdown verbietet die Landesregierung den Abholservice. Für Kieser "absolut unverständlich". Und mit Sorgen um das Infektionsgeschehen nicht zu erklären. "Der gesamte Abholservice verläuft völlig kontaktlos und bietet dem Virus keinen Raum." Jetzt arbeitet die Buchhandlung ausschließlich als Lieferservice. "Wir liefern jedes kleine Reclam-Heftchen auch nach Plankstadt." Dabei ist Kieser klar, dass sich das nicht rechnet. "Die Hälfte weniger Umsatz bei gleicher Arbeit." Trotzdem sei auch die Buchhandlung Kieser aktuell nicht in Gefahr. Seit 40 Jahren vor Ort mit einer gewachsenen Stammkundschaft könne man einiges aushalten.
> Elke Ackermann-Knieriem: Die Mitinhaberin des Modehauses Bräuninger spricht von einem Umsatzminus von 42 Prozent allein im Dezember. Im Januar könnten es jetzt nahezu 100 Prozent werden. Alle Hoffnungen richten sich nun auf das Frühjahr. Die zweite Februarhälfte, März, April und Mai seien entscheidende Wochen. Wenn der stationäre Handel da nicht an den Start dürfe, so prognostiziert Ackermann-Knieriem, wären die Kollateralschäden massiv und endgültig. Für sie schwer zu verdauen ist der Umstand, dass die Gastronomie bis zu 75 Prozent der Umsatzeinbußen ersetzt bekommt und sie "rein gar nichts". Man werde jedoch alles tun, damit das Modehaus eine Zukunft habe.
> Robert Nürnberger: Das versichert auch der Geschäftsführer des Welde-Brauhauses: "Wir schaffen das, zwar mit zwei blauen Augen, aber wir schaffe das." Trotz eines Umsatzminus von 90 Prozent allein im Dezember. "Natürlich können die politischen Entscheide nachvollzogen werden", betont Robert Nürnberger. Es sei aber nicht leicht, in den Spiegel zu schauen, "wenn man nicht machen darf, was man liebt".
> Tessa Höfer: Die Geschäftsführerin des Hotels Adler Post verzeichnet für 2020 ein Minus bei den Gästezahlen von 60 Prozent. Dabei stellt sie sich, anders als viele andere, auf eine längere Durststrecke ein. "Unsere Gäste kommen aus aller Welt, sodass es für uns in Sachen Impfen um mehr als nur Deutschland oder Europa geht." Das könnte bedeuten, dass auch wenn wieder geöffnet werden darf, die Gäste noch lange nicht wie gewohnt kämen. Und auch für die weitere Zukunft erwartet Höfer Veränderungen. Der Digitalisierungsschub werde nicht alle, aber eben doch einen erheblichen Anteil von Geschäftsreisen überflüssig machen. Höfer erwartet ein langfristiges Minus von sicher 30 bis 40 Prozent. Wie das aufgefangen werden könne, sei in der Hotelbranche noch völlig offen.
> Joerg Steve Mohr: In dieser Hinsicht ist der Betreiber des "Theater am Puls" gelassener: "Gesellschaften brauchen Kultur, denn ohne sie sind sie nur eine Ansammlung von Individuen." Aber dieses Wissen macht das Leben nicht einfacher. "Mein und das Leben der Schauspieler besteht zurzeit nur aus Proben und Verschieben." Aber die Hoffnung aufgeben sei nicht angezeigt. Derzeit laufen die Proben für das Stück "Judas", das im Februar in der Schwetzinger Stadtkirche aufgeführt werden soll. Ob das klappt, ist völlig offen. Er müsse arbeiten, um an dem Virus nicht zu verzweifeln, sagt Joerg Steve Mohr. "Irgendwie muss Kultur überleben, ohne sie ist doch alles nichts." Gedanken, die ihn vor allem nachts umtreiben. Klar wüssten viele, wie essenziell Kultur sei. Aber manchmal ist er sich nicht sicher, wie viele es wirklich sind. Am Ende hilft ihm Friedrich Schiller, der gesagt hat: "Wer nichts waget, der darf nichts hoffen".