Rhein-Neckar

Noch keine Zunahme von häuslicher Gewalt gegen Kinder wegen Corona

Insgesamt gab es 2019 im Rhein-Neckar-Kreis 180 Verdachtsfälle auf Kindeswohlgefährdung. Die Anfragen aus den Schulen haben zugenommen.

05.06.2020 UPDATE: 06.06.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 29 Sekunden
Symbolfoto: www.polizei-beratung.de

Von Stefan Zeeh

Rhein-Neckar. In den vergangenen Wochen wurde viel darüber diskutiert, welche Auswirkungen der durch das Coronavirus bedingte Lockdown auf die Familien und insbesondere die Kinder haben würde. Es wurde gemutmaßt, dass die Gewalt innerhalb der Familien zunehmen könnte und die Kinder darunter besonders zu leiden hätten.

Von einer Zunahme derartiger Fälle im Rhein-Neckar-Kreis konnte Sozialdezernentin Stefanie Jansen bei der Sitzung des Jugendhilfeausschusses – ab dem Zeitpunkt der Kontaktbeschränkungen bis etwa Mitte April – nicht berichten. In dieser Zeit seien ungefähr genauso viele Meldungen beim Jugendamt eingegangen wie in den Vorjahren. In den letzten Wochen sei mit 55 Meldungen allerdings eine Zunahme um 25 Prozent zu verzeichnen gewesen. Ob dieser Anstieg im Zusammenhang mit den Verfügungen bezüglich der Corona-Pandemie stehe, sei jedoch fraglich. Die Beratungsleistungen des Jugendamtes seien in dieser Zeit meist telefonisch verfügbar gewesen, erläuterte Jansen weiter.

Wie wichtig die Arbeit der Psychologischen Beratungsstellen und der Erziehungsberatungsstellen ist, zeigte zudem deren Bericht für das vergangene Jahr. 3695 bearbeitete Fälle verzeichneten die acht Beratungsstellen im Kreis und damit eine Zunahme um elf Prozent gegenüber 2018. Insgesamt nahmen fast 8900 Personen an den Beratungsgesprächen teil. Zu den bearbeiteten Fällen gehören 180 Anfragen an Kinderschutzfachkräfte bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung. Dabei sei die Zahl der Anfragen aus den Kindertagesstätten stabil geblieben. Bei den Anfragen aus den Schulen habe es jedoch eine Steigerung um 18 Prozent gegeben.

Der Bericht führt dies auf die zunehmende Sensibilisierung für den Schutzauftrag vor allem in den Grundschulen zurück. Dass die Psychologischen Beratungsstellen gut mit Kindertagesstätten, Schulen, Ärzten oder dem Jugendamt vernetzt sind, zeigt sich alleine daran, dass 43 Prozent der Familien von dort überwiesen wurden. Auch durch Tipps aus dem Familienkreis oder von Bekannten finden viele Ratsuchende zu den Beratungsstellen.

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Etwa zehn Prozent werden durch die Öffentlichkeitsarbeit der Beratungsstellen auf diese Art der Unterstützung aufmerksam. Für die mehr als 100.000 Kinder und Jugendlichen sowie deren Familien im Rhein-Neckar-Kreis stehen 24 mit Psychologen, Sozial- oder Heilpädagogen besetzte Stellen zur Verfügung. Damit liege der Landkreis "auf einem guten mittleren Ausstattungsniveau mit Vollzeitkräften in der Familien- und Erziehungsberatung der Landkreise in Baden-Württemberg".

Bei rund 90 Prozent der Familien, die die Beratungsleistungen in Anspruch nehmen, ist mindestens ein Familienmitglied erwerbstätig. Etwa zehn Prozent der Familien beziehen Arbeitslosengeld I oder II. Rund drei Viertel der Familien haben keinen Migrationshintergrund. Bei etwas mehr als einem Viertel kommt mindestens ein Elternteil aus dem Ausland.

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