René Pöltls (r.) musikalische Ader pulsiert nicht nur am Klavier im Arbeitszimmer. Auch eine Bühne kann er rocken - vor allem mit Freddy Wonder. Foto: Lenhardt
Von Peter Wiest
Schwetzingen. Das gibt’s nicht alle Tage. Da steht ein leibhaftiger Oberbürgermeister mit der E-Gitarre um den Hals auf der Bühne - und haut das bekannte Riff von "Smoke on the Water" raus. Hinter ihm spielt sich mit der Freddy Wonder Combo eine gestandene Band die Rock-Seele aus dem Leib. Damit nicht genug: Auch ein komplettes philharmonisches Orchester ist dabei und macht seinerseits mächtig Dampf. Das Ganze steigt dann auch noch nicht in irgendeinem Club oder gar in einer Arena - sondern in der guten, ach was, in der besten Stube der Stadt: Im Schwetzinger Rokokotheater hat sich gerade Oberbürgermeister René Pöltl die Gitarre umgehängt - jetzt erleben gut 500 sichtlich glückliche Besucher ihr ganz persönliches "Philharmonic Wonder".
Möglich gemacht hat dies nicht zuletzt der Oberbürgermeister selbst. René Pöltl hat die Musiker in den altehrwürdigen Saal eingeladen, das Konzert ist ausverkauft. Dort gibt die Freddy Wonder Combo ihr lang ersehntes Comeback dieser legendären "Philharmonic Wonders", die mit Band und Orchester erstmals 2004 in der Heidelberger Stadthalle präsentiert wurden und dann nach nur wenigen weiteren Aufführungen fast ein Jahrzehnt lang in der Versenkung verschwanden. Jetzt sind sie wieder da - und zumindest einen Abend lang mutiert Schwetzingen von der Spargel-Metropole zur "City of Music".
Das zweieinhalbstündige Programm bietet nicht nur einen opulenten und geschmackvoll ausgesuchten Querschnitt durch die Welt des Rock’n‘Roll, sondern noch viel mehr. Neben Stücken der Beatles, der Doors, von Queen und Deep Purple gibt es eine James-Bond-Titelmelodie, afrikanische Folklore, italienische Balladen und nicht zuletzt wundervolle französische Chansons. Ohr und Herz, was wollt ihr mehr? "Mein Glück ist heute gut gelaunt", hat Freddy Wonder zum Auftakt Schiller zitiert - Bingo! Noch treffender sagt er es dann ganz am Schluss mit einem Mozart zugeschriebenen Zitat: "Ich suche Töne, die sich mögen", soll dieser bereits im zarten Alter von sechs Jahren gesagt haben. Freddy und seine Musiker haben sie an diesem Abend gefunden - reichlich.
Band, Orchester oder Solisten - wen soll man herausheben? Die Combo selbst bildet in gewohnt solider Form die rockige Grundlage des Ganzen: Gestandene Musiker, die wissen, was sie tun, und sich an entscheidenden Stellen durchaus auch mal zurücknehmen können, ohne in den Hintergrund zu geraten. Dann ergießt sich die geballte Kraft der Frankfurter Sinfoniker ins Theater: Ein Orchester, das hörbar Spaß hat an dieser etwas anderen musikalischen Zusammenarbeit, unter der brillanten Stabführung von Volker Christ, der die "Philharmonic Wonders" bereits 2004 dirigiert hat. Volker und Freddy - welch ein Team!
Mit den meisten Applaus erhalten die Solisten des Abends: Drei komplett unterschiedliche Stimmakrobaten, von denen jeder auf seine Art beeindruckt. Ein gerade erst neu entdecktes riesiges Talent ist Markus Zimmermann, der sich bei Procol Harums "Salty Dog" und noch mehr bei Barry Ryans "Eloise" in stimmliche Höhen aufschwingt - beeindruckend. Noch höher hinauf schafft es Kai Häfner, der sich sogar an Caruso wagt - und gewinnt. Letzteres im Duett mit der unvergleichlichen Pat Appleton, einst Sängerin der Wonder Combo und heute mit DePhazz auf Erfolgspfaden wandelnd. Stimmlich gibt es für sie offenbar keine Herausforderung, die sie nicht meistert: Queens "Love of my Life" ebenso locker und leicht wie "Light my Fire" von den Doors oder, welch angenehmer Kontrast, sogar Edith Piafs "Non, je ne regrette rien".
Davor auch mal dahinter steht dann mit Freddy Wonder selbst der Kopf des Ganzen: Vollkommen entspannt. Einer, der nichts mehr beweisen muss - und es dann doch immer wieder tut. Allein seine Version von Charles Aznavours "Du lässt dich geh‘n" etwa ist ein weiterer Höhepunkt bei diesen an Höhepunkten reichen "Philharmonic Wonders". Stehender Applaus schon während der Show - und am Ende dann sowieso. Als Zugabe gab es schließlich "Music" von John Miles - was auch sonst? Mehr ist nicht drin an diesem Abend - die Musiker sind ausgepowert. Hoffentlich gibt es bald mehr von diesen "Philharmonic Wonders". Noch einmal zehn Jahre will keiner darauf warten.