Symbolfoto: Pixabay/saesherra
Von Volker Knopf
Karlsruhe. Die zweite Verkehrskonferenz am Oberrhein fand pandemiebedingt online statt. Die Verbindungen über den Rhein nach Frankreich standen dabei im Mittelpunkt – und hier insbesondere der Verkehr auf der Schiene.
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Eine Reihe von Experten und Mandatsträgern stellte ihre Visionen für die Zukunft und konkrete Pläne im Kontext der Erneuerung des deutsch-französischen Vertrages vor, welcher der Region am Oberrhein mehr Gestaltungsfreiheit verleiht. Hinzu kommt die am 1. Januar vollzogene Fusion der elsässischen Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin zur Collectivité européenne d’Alsace, das diesem Ansinnen weiteren Schub verleiht.
Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsstaatssekretär Andy Becht betonte: "Grenzüberschreitende Mobilität ist ein wichtiges Fundament eines zusammenwachsenden Europas. Gut getaktete Züge ohne Umsteigen stärken den Zusammenhalt der Region." Explizit nannte er aber auch deutsch-französische Radwege, die den Tourismus förderten und nachhaltig seien. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nannte auf der Schiene Leuchtturmprojekte wie eine künftige Verbindung Freiburg-Colmar und Rastatt-Haguenau. Bei ersterem rechnet er mit einem Betriebsbeginn spätestens 2028. Bei der zweiten Verbindung sei man noch nicht ganz so weit. Gerade die Havarie vor drei Jahren bei Rastatt zeige, wie problematisch es sei, auf die andere Rheinseite zu wechseln. Bis die Strecken ertüchtigt seien, plane man mit Buslinien über den Rhein.
"Wir brauchen zudem ein einheitliches, grenzüberschreitendes Tarifsystem. Auch eine einheitliche Mobilitäts-Daten-Plattform ist von großer Bedeutung", sagte Hermann. Er erinnerte daran, wie schwierig es gewesen sei, in 22 Verbänden einen einheitlichen BW-Tarif hinzubekommen – und das in einem Land. Das sei zwischen nationalen Partnern noch einmal um einiges schwieriger.
Michel Quidort, Präsident der European Passenger Association, war aus Paris zugeschaltet. Ein komplettes Ticketing über das Smartphone müsse für die Zukunft das Ziel sein, betonte er. Evelyne Isinger, Delegierte für grenzüberschreitenden Verkehr Grand Ést, demonstrierte in ihrer Präsentation, woran die ostfranzösische Region arbeitet. Die Linien Colmar-Freiburg und Karlsruhe-Rastatt-Haguenau-Saarbrücken nannte sie explizit.
Gerade bei der Strecke von Mittelbaden ins Elsass müsse noch ein großer Teil der Strecke saniert werden. Auf die südbadische Verbindung ins Elsass fokussierte sich Andreas Zahn vom baden-württembergischen Verkehrsministerium. "Dies ist ein Prioritätsprojekt des Vertrages von Aachen. Es steht symbolhaft für die Verbindung unserer Länder. Hier wird Europa erlebbar." Geschätzte 225 bis 275 Millionen Euro seien vonnöten, um das Projekt Colmar-Breisach-Freiburg (44 Kilometer lang, davon 23 Kilometer in Betrieb) zu realisieren.
Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) erklärte, dass Europa von offenen Grenzen lebe, auch in Zeiten der Pandemie. Gerade die Wiederbelebung der Strecke Rastatt-Haguenau sei wichtig. Auch er erinnerte an die Tunnel-Havarie bei Rastatt, welche die komplette Rheintal-Strecke lahmlegte. Für den Güterverkehr zwischen Karlsruhe und Mannheim seien zudem mehrere Varianten zu ertüchtigen. Er sah zudem einen leistungsstarken Radverkehr bei der Planung der zweiten Rheinbrücke als bedeutenden Faktor.
Remi Bertrand, Vorsitzender des Eurodistricts "Pamina" (dieser umfasst das Nordelsass, die Pfalz und den Mittleren Oberrhein), fokussierte sich wie Mentrup auf die Linie vor der Haustür: Karlsruhe-Rastatt-Haguenau. Anfang Februar werde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. "Rund 40 Kilometer Strecke existieren bereits, werden aber nicht genutzt. Sie ist bedeutsam für den Tourismus und den Güterverkehr." Auch beim Güterverkehr zwischen Straßburg, Lauterbourg und Wörth wolle man vorankommen.
Ein "attraktives deutsch-französisches Gemeinschaftsprojekt mit hohem Handlungsbedarf", nannte Michael Heilmann, Chef des Zweckverbands Schienenpersonenverkehr Rheinland-Pfalz Süd, die Ertüchtigung der grenzübergreifenden Strecken. Ziel sei ein 60-Minuten-Takt auf der Route Karlsruhe-Wörth-Lauterbourg-Straßburg. Erst jedoch, wenn der Knoten am Stellwerk Wörth saniert sei. Damit ist aber nicht vor Ende 2026 zu rechnen. Zunächst gehe man daher Wörth-Straßburg an, später würde von Wörth nach Karlsruhe verlängert (als durchgehender Zug). Auch für die Strecke Neustadt-Wissembourg-Haguenau-Straßburg plane man einen 60-Minuten-Takt, so Heilmann.
Für grenzüberschreitende Fahrzeuge wurde eine Kooperations- und Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen. Die Region Grand Est hat 30 Triebwagen der Firma Alstom bestellt (190 Sitzplätze, 160 km/h Höchstgeschwindigkeit). "Wir brauchen ferner ein grenzüberschreitendes Tarifsystem", so Heilmann, der wie andere Referenten auch für das "Smartphone als mobilen Fahrkartenschalter" warb.