Möchten Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin von Hockenheim werden (v.l.): Die Steuerfachfrau Lisa Bohn, der Unternehmensberater Matthias Filbert, der Polizist Marco Germann, der Maschinenbau-Ingenieur Jörg Söhner und der Schönauer Bürgermeister Marcus Zeitler. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Hockenheim. Aufbrandender Beifall für den "Macher" (Markus Zeitler), freundlicher Applaus für den "Realisten" (Matthias Filbert), heftiger Beifall für den "Intellektuellen" (Marco Germann), donnernder Applaus für den "Hockenheimer Bu" (Jörg Söhner) und höflicher Beifall für die "Quoten-Powerfrau" (Lisa Bohn).
Es ist ein beliebtes Mittel, bei Parteitagen an der Länge des Applauses die Beliebtheit der Redner abzulesen. Bei der Vorstellung der fünf Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters in der Hockenheimer Stadthalle gibt es vor allem Unterschiede in der Intensität der Beifallsbekundungen.
Offenbar hat Schönaus Bürgermeister Marcus Zeitler die meisten Anhänger unter den gut 1000 Besuchern mobilisieren können. Der große Saal der Stadthalle ist brechend voll, die Empore besetzt. Im Hintergrund haben viele nur noch Stehplätze ergattert. Laut Versammlungsstättenordnung dürfen maximal 1250 Personen an einer Veranstaltung im Großen Saal teilnehmen.
Die Stadt hat Gerhard Mandel, den früheren Leiter des SWR-Landesstudios Mannheim, als Moderator gewinnen können. Bevor er die Regeln des Vorstellungsabends erläutert, begrüßt Bürgermeister Thomas Jakob-Lichtenberg die Besucher mit einer kurzweiligen Rede, in der er den Oberbürgermeister als Dirigent eines Orchesters bezeichnet. Er selbst sei der Erste Geiger und damit auch der Konzertmeister. "Da tut keiner gut, der dauernd nur auf die Pauke haut und auch niemand, der immer ins selbe Horn stößt", meint er augenzwinkernd.
Wer denn aber der oder die richtige als Chefdirigent in Hockenheim ist, sollen die Bürger am 7. Juli entscheiden. Jeder der Kandidaten hat an diesem Abend 10 Minuten Zeit, um sich und seine Vorstellungen zu skizzieren. Nach rund einer Stunde, in der die Kandidaten in der Reihenfolge des Eingangs ihrer Bewerbung auftreten und zwischen acht (Bohn) und 12 Minuten (Germann) sprechen, schließt sich eine Frage-Antwort-Runde von einer weiteren Stunde an.
Natürlich betonen alle Bewerber ihre Verbundenheit mit der Stadt Hockenheim. Auch die Familie bringen alle ins Spiel. Zeitler hat zwei "zauberhafte Töchter", Filbert drei Söhne, Germann drei "bezaubernde Kinder", Söhner vier Kinder und Bohn zwei "wundervolle Kinder". Alle möchten die Hockenheimer Innenstadt beleben, die Wohnungsnot in der Rennstadt beheben und etwas für Kleinkinder und Schüler bewirken. Der Hockenheimring ist für alle unverzichtbar für das Image der Stadt, allerdings mit Nuancen in der Ausrichtung der Anlage.
Als Söhner von der Buchstabenkombination XMF spricht und dann die Verballhornung "Xunder Menschen Ferstand" zum Besten gibt, johlt das Publikum. Viel Freude bereitet den Hockenheimern auch eine ältere Dame, die sich über die späten Öffnungszeiten des Freizeitbads Aquadrom und die schwierigen Bedingungen am Schwimmbadkiosk in bestem Hockenheimer Dialekt auslässt.
Das Interesse der Bürger war riesig: In der brechend vollen Stadthalle blieb kein Platz unbesetzt. Einige saßen sogar auf der Treppe oder standen am hinteren Rand. Foto: Lenhardt
Manche suchen nach Schwachstellen der Bewerber
Insgesamt verläuft die Frage-Antwort-Stunde sachlich und ruhig. Nur einmal gerät die Angelegenheit kurz an den Rand einer Konfrontation. Eine Bürgerin möchte von Marco German wissen, wie viele Personen er in seiner Position im Mannheimer Polizeipräsidium unter sich habe. "Ich habe schon gesehen, dass in einigen Internet-Foren und Chats dazu aufgerufen wird, nach Schwachstellen in meiner Biografie zu suchen. Auch meine Mitbewerber Matthias Filbert und Jörg Söhner sind davon betroffen. Eine solche Frage gehört deshalb nicht hierher", wehrt sich der Kandidat. Dann erläutert er trotzdem geduldig den Unterschied zwischen einer Führungs- und einer Leitungsfunktion, wie er sie derzeit innehat. Marcus Zeitler wird von den Bürgern gefragt, ob er denn im Fall seiner Wahl nach Hockenheim ziehen würde. "Natürlich, sofort", erwidert der Schönauer Bürgermeister.
Germann, den eine Fragenstellerin als "Polizeimeister" bezeichnet, wird auf die Raserei in der Oberen Hauptstraße angesprochen. "Es ist sehr schwer, da eine Tempo-30-Zone einzurichten", erklärt er ehrlich. Bei der Anzahl der Fragen an die verschiedenen Kandidaten liegen Zeitler (7), Germann (6) und Söhner (5) dicht gedrängt vorne. Ob sich daraus etwas für die Wahl am 7. Juli ableiten lässt, wird sich herausstellen.
Bei einigen Besuchern ist nach der Veranstaltung eine Tendenz hin zu zwei Bewerbern zu erkennen. "Die Vorstellung war gut", erklärt Werner Rausch gegenüber der RNZ. "Auch wenn die Antworten und Vorschläge ja alle ähnlich waren." Er stehe zu Söhner, weil der ein Hockenheimer sei. "Der kennt hier alles von der Pieke auf. Der Zeitler ist halt ein Polit-Profi. Aber mich stört, dass er sich in einem fremden Ort bewirbt."
Siegbert Bender ist da anderer Meinung: "Marcus Zeitler hat einfach eine große Fachkompetenz und zeigt eine klare Führung", betont der Hockenheimer. "Er hat sich heute Abend am besten präsentiert." Silke Auer findet gut, dass die Kandidaten bei der zehnminütigen Vorstellung auch aus ihrem Privatleben erzählt haben. "So hat man sie ein bisschen kennengelernt." Auch sie hat zwei Favoriten: Marcus Zeitler habe sie überzeugt, weil er schon Bürgermeister sei und wisse, wovon er rede. Und warum Jörg Söhner? "Weil er einer von uns ist!"