Die zweite Kammer der Neckarschleuse in Mannheim-Feudenheim wird saniert und ist für Schiffe gesperrt. Foto: vaf
Von Harald Berlinghof
Mannheim. Ein gewaltiges, weißes Flusskreuzfahrtschiff schiebt sich gemächlich rückwärts in die Feudenheimer Neckarschleuse. Es ist auf dem Rückweg zu seinem Heimathafen in den Niederlanden. Links und rechts bleiben dem Binnenkapitän gerade einmal 70 Zentimeter Platz zur Schleusenwand. Nicht viel anders geht es den Binnenschiffern, die mit ihren 135 Meter langen Frachtschiffen die Schleuse am Neckarkanal passieren.
Gegenwärtig müssen die Schiffseigner und Kapitäne in Feudenheim Wartezeit einkalkulieren. Denn die dortige Neckarschleuse wird derzeit umgebaut, und der Schiffsverkehr kann lediglich über die rechte Schleusenkammer – in Fließrichtung gesehen – abgewickelt werden. Diese ist bereits auf 140 Meter verlängert, damit die mittlerweile zur Norm werdenden 135-Meter-Frachtschiffe in die Schleusenkammer passen, wo sie auf den Wasserstand oberhalb der Schleuse angehoben werden.
Gegenwärtig wird die zweite Schleusenkammer ausgebaut, und so müssen alle Schiffe, flussaufwärts und flussabwärts, die bereits verlängerte Kammer passieren. Zum Ende seiner Sommertour durchs Ländle besuchte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann die Feudenheimer Neckarschleuse, um sich über den Fortschritt des Ausbaus zu informieren.
Hermann nutzte die Gelegenheit, um eine Lanze für die Binnenschifffahrt zu brechen. Ein modernes Binnenschiff mit 135 Metern Länge könne 300 Container transportieren und ersetze damit 150 bis 200 Lkw-Fahrten. Damit leiste das Binnenschiff, das eine günstigere Energiebilanz als der Lkw aufweise, einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. "Allerdings sinkt der Anteil der transportierten Güter auf den Flüssen", erklärte Hermann. "Vor 70 Jahren lag er noch bei 25 Prozent, heute ist er auf unter zehn Prozent gesunken." Deshalb müssten Güter von den Lkws auf Binnenschiffe und Bahn verfrachtet werden.
Schleusen und Wehre hätten auch eine Funktion zur Energiegewinnung, so der Minister. Dabei werde Wasserkraft in Strom verwandelt. Mittlerweile gäbe es sogar mit Wasserstoff betriebene Binnenschiffe. Denkbar sei auch der Einsatz des an den Wehren gewonnenen Stroms zur Gewinnung von "grünem" Wasserstoff. Derzeit ist die linke Schleusenkammer in Feudenheim trocken gelegt. Dicht an dicht stehende Stahlbewehrungen am Boden bilden wahre Eisenkäfige, die mit Beton ausgegossen werden müssen. Der Beton muss mit Chemikalien fließfähig gemacht werden, damit beim Ausgießen keine Hohlräume entstehen.
Beton-Hochdruckinjektionen werden in den Schleusenboden eingebracht, darüber entsteht das Stahlbetonfundament. "Gewicht machen", nennen das die Ingenieure. Das Gewicht verhindert ein Aufschwimmen des Bauwerks und eine Verschiebung der Bauteile. Überraschungen bei den Bauarbeiten haben das Projekt verzögert. Eigentlich sollte die zweite Kammer Ende des Jahres fertig sein.
Nun rechne man mit Ende 2021, erklärt Herbert Bohse von der ausführenden Firma Johann Bunte. Neben der Verlängerung steht auch die Sanierung der rund 80 Jahre alten Schleuse an. Zwei der Hubtürme sind sogar fast 100 Jahre alt. Die Bausubstanz ist dementsprechend marode und der Beton brüchig. Insgesamt kostet der Aus- und Umbau der Feudenheimer Schleuse rund 30 Millionen Euro. Da es sich um eine Bundeswasserstraße handelt, übernimmt der Bund diese Summe. Insgesamt kostet ihn die Verlängerung der Schleusen am Neckar eine Viertel Milliarde Euro. Vorgesehen waren einst beim Start der Planungen im Jahr 2008 nur 180 Millionen Euro. Die Kosten für alle Umbaumaßnahmen zur Erhaltung und Sanierung der Schleusen werden auf mindestens eine Milliarde Euro geschätzt.
Von 367 Kilometern Neckarlänge sind 201 Kilometer zwischen Plochingen und Mannheim schiffbar. Die Höhendifferenz beträgt 161 Meter und wird mit 27 Staustufen und Schleusen überwunden. Eine Schleusenkammer in Feudenheim und eine in Neckargemünd sind bereits verlängert. Eine Verbreiterung ist nicht vorgesehen, weil das einem Neubau gleich käme und sehr teuer wäre.
Es geht langsamer voran, als geplant. Im Bau befinden sich Kammern in Schwabenheim und Hirschhorn. Bis 2025 sollte das Projekt eigentlich abgeschlossen sein. Mittlerweile spricht Hermann aber vom Jahr 2050. "Das ist für viele nicht mehr nachvollziehbar. Wir müssen schneller werden", sagte er.
Das Land habe 15 zusätzliche Planstellen für das Projekt mit jährlichen Kosten von 750.000 Euro geschaffen. Weitere sechs Millionen habe man an den Bund überwiesen.