Klima-Erhitzung

Die Wälder der Region bekommen neues Gesicht

Waldschäden in der Rheinebene sind Vorboten von gravierenden Veränderungen

03.06.2020 UPDATE: 04.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 26 Sekunden
Die Schäden, die die Trockenheit der vergangenen Jahre verursacht hat, sind in den Wäldern der Region nicht mehr zu übersehen. Foto: zg

Rhein-Neckar. (sha/zg) Nach den beiden trocken-heißen Jahren 2018 und 2019 hat auch der Frühling 2020 keinen Ausgleich gebracht: Die Winterfeuchte ist in den Sandböden der Rheinebene bereits aufgebraucht, und seit Mitte März – von kleinräumigen Ausnahmen abgesehen – ist so gut wie kein Regen gefallen. Die Folgen für den Wald sind unübersehbar, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis. Kiefern mit roten Kronen, abgestorbene Kronenteile sowie komplett abgestorbene Bäume prägen die Waldbilder in der Rheinebene.

Leider seien auch die Perspektiven schwierig: "Kurzfristig ist davon auszugehen, dass in diesem Jahr der Absterbeprozess bei den Kiefern weitergeht, unabhängig davon, ob es noch einen feuchten Sommer gibt oder es bei der trockenen Witterung bleibt", sagt der Leiter des Kreisforstamtes, Manfred Robens. Gründe sind die Vorschädigungen durch die extreme Witterung der letzten Jahre sowie die Folgeschädlinge wie beispielsweise Diplodiapilz, Mistel oder Borkenkäfer. Mittelfristig ist bedingt durch den Klimawandel damit zu rechnen, dass trocken-warme Perioden wie die letzten Jahre häufiger und sogar noch extremer werden. Und langfristig werden die Wälder ihr Gesicht sehr deutlich ändern: Der Anteil der Kiefern wird stark zurückgehen, Laubhölzer und Sträucher werden zunehmen, die Bäume werden weniger schnell wachsen und nicht so hoch werden. Auf extrem trockenen Standorten wie den Dünenköpfen werden vermutlich gar keine Bäume mehr wachsen.

Aktuell stehen dort – wo es waldbaulich sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar ist – der Einschlag und die Verwertung der absterbenden Kiefern im Fokus. Ziel ist es dabei, den nachwachsenden Rohstoff Holz zu ernten und einer sinnvollen Nutzung zuzuführen, bevor er verdirbt, heißt es in der Mitteilung weiter. Dabei liegt die oberste Priorität darauf, die Verkehrssicherheit entlang von Wohnbebauungen und Verkehrswegen zu erhalten. "Grundsätzliches Problem dabei ist die große Masse an absterbenden Bäumen, die innerhalb kürzester Zeit im Rheintal angefallen ist", erläutert der Kreisforstamtsleiter. Sie übersteige die Holzmenge, die an Sägewerke verkauft werden könne. Aber auch die Arbeitskapazität bei Förstern und Waldarbeitern reiche bei Weitem nicht aus, um überall die Dürreschäden aufzuarbeiten.

"Es wird deshalb nicht alles Schadholz geerntet werden können. Waldbilder mit Dürrständern, Kiefern mit roten Kronen und viel Totholz werden in den Hardtwäldern eher zum Regelfall als zur Ausnahme werden", vermutet Robens. Zumindest für die auf lichte Wälder oder totes Holz angewiesenen Tier- und Pflanzenarten sei das eine positive Nachricht. Auf Flächen, auf denen nahezu alle Bäume abgestorben sind und keine natürliche Ansamung von jungen Bäumen ("Naturverjüngung") da ist, werden trockenheitstolerante Baumarten gepflanzt. Das sind zum Beispiel Eichen, Hainbuchen und Feldahorn, aber auch Roteichen, Baumhasel und Zedern gehören dazu. Diese sogenannte Kulturtätigkeit ist sehr schwierig und nur mit hohem Aufwand erfolgversprechend, weil neben der Trockenheit auch der Wurzelfraß der Maikäferengerlinge und die Konkurrenz durch Neophyten wie der Kermesbeere den jungen Bäumchen zusetzen. "Der Waldumbau durch Anlage von Kulturen kann auch aufgrund der damit verbundenen Kosten kein Allheilmittel sein, sondern ist nur punktuell auf kleinen Flächen umsetzbar", erläutert Robens.

Auf großer Fläche jedoch werden die aktuellen Bestände die Grundlage des zukünftigen Waldes sein: Naturverjüngung von Kiefern mit beigemischten Buchen, Hainbuchen und Eichen. Ob sich daraus ein stabiler Wald entwickelt, der an dauerhaft wärmeres Klima angepasst ist, ist derzeit nicht mit Sicherheit zu beurteilen. Die Anpassung an die neuen Klimaverhältnisse kann sowohl durch genetische Selektion, aber auch durch eine physiologische Anpassung – das bedeutet geringere Baumhöhe und größere Wurzelanteile – erfolgen. Unterstützt wird diese Anpassung durch forstliche Eingriffe, die Wurzelwachstum fördern und klimastabile Baumarten pflegen. "Inwieweit allerdings die Geschwindigkeit der Anpassung reicht, um die Wälder zu stabilisieren, ist fraglich", erläutert der Kreisforstamtsleiter und sagt weiter: "Anderseits ist auch das Ausmaß der Klimaerwärmung offen – die Rasanz der Klimaveränderung ist in der Menschheitsgeschichte wohl einmalig." Deshalb würden nur nachfolgende Förstergenerationen den Erfolg dieser Maßnahmen in der Rückschau beurteilen können.

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