Industriekultur in Schwetzingen

Stahlbehälter entstehen noch in Handarbeit

Verein Rhein-Neckar Industriekultur blickte am Donnerstag in die riesige Produktionshalle des Traditionsunternehmens Pfaudler

24.08.2017 UPDATE: 25.08.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden

Bei einer Führung anlässlich der 2. Tage der Industriekultur konnten die Teilnehmer die riesige Produktionshalle des Traditionsunternehmens Pfaudler besichtigen. Foto: Lenhardt

Von Harald Berlinghof

Schwetzingen. Biegen - Schweißen - Emaillieren. Fertig ist der Pfaudler-Industriebehälter. So einfach kann es sich anhören. Und doch ist es, genauer hingeschaut, so viel komplizierter, aus dicken Stahlblechen und kuppelförmigen Deckeln und Böden Behälter für die Chemie- und Pharmaindustrie herzustellen. Und praktisch unmöglich ist es, beim Traditionsunternehmen Pfaudler einmal hinter die Mauern der riesigen Produktionshalle schauen zu können. Bei den 2. Tagen der Industriekultur, die vom Verein Rhein-Neckar Industriekultur in dieser Woche mit wechselnden Stationen durchgeführt werden, gab es gestern für eine begrenzte Zahl von Bewerbern genau diese Möglichkeit. Und es dürfte nur noch wenige Chancen dafür geben, denn bekanntlich zieht die Firma im nächsten Jahr nach Waghäusel.

Umzug 2018 nach Waghäusel

Für die Mitarbeiter gibt es eine Beschäftigungsgarantie über sechs Jahre. Bis zum November 2018 soll der Umzug auf das Gelände der Firma Schuler, einem Pressenhersteller mit mehreren Standorten in Deutschland, abgeschlossen werden. Gefühlt befindet man sich schon mitten im Umzug. Zumindest planerisch, denn der Umzug eines Industriebtriebs mit 200 Mitarbeitern mit den entsprechenden Produktionseinheiten muss langfristig geplant und vorbereitet werden, betont Markus Harant, Teamleiter Teilefertigung bei Pfaudler, der seit 1998 bei der Firma arbeitet und dort den Beruf des Industriemechanikers gelernt hat. Heute ist er Feinwerkmechanikermeister und kennt die Produktionsabläufe im Unternehmen aus dem Effeff.

Die Fertigungshalle, von außen schon beeindruckend durch ihre schiere Größe, strotzt im Innern vor Technik. Industrie 4.0 und Roboter sind hier bislang kein Thema. Die Stahlbehälter in Größen bis zu 120 Kubikmeter Inhalt entstehen noch weitgehend in menschlicher Handarbeit. Die menschlichen Hände der überwiegend aus Facharbeitern bestehenden Belegschaft bedienen freilich gewaltige Walzmaschinen, Schweißmaschinen oder Heizöfen, in denen die Emaille gebrannt wird.

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Schicht um Schicht wird die Emaille im Innern und auf der Außenfläche der Behälter aufgetragen und bei 800 bis 900 Grad Celsius im Ofen gebrannt. Bis zu acht Schichten sind im Innern, wo die Emaille aggressiven oder hochreinen Flüssigkeiten ausgesetzt ist, nötig. Nicht umsonst lautet einer der Pfaudler-Werbeslogans: Außen hart, innen hart im Nehmen.

Auch die Rührwerke, die ins Innere des Behälters führen werden bei Pfaudler hergestellt. Neben dem vierblättrigen Rührwerk müssen auch Strömungsstörer ein gebaut werden, die verhindern, dass sich der gesamte flüssige Inhalt des Tanks mit dem Rührwerk mitdreht.

Nach dem Schweißen der Behälter geht es in den Röntgenbunker, wo die Schweißnähte überprüft werden. Mit Wasser wird eine Druckprobe gemacht. Dann wird alles innen und außen sandgestrahlt, handgeschliffen und noch einmal sandgestrahlt. Mit einer sogenannten Farbeindringprüfung wird jede Pore, die noch vorhanden ist, erkannt. Die Emailleschicht ist extrem glatt, bei der geringsten Beschädigung wird der Behälter unbrauchbar. Fällt einem Arbeiter ein Werkzeugteil in den Behälter, ist das eine Katastrophe. "Alles muss dann runter und neu aufgetragen werden", betonte Harant.

Rund 200 Behälter fertigt Pfaudler jährlich für Kunden in aller Welt. Die Bierbrauereien, mit denen alles 1907 in Schwetzingen begann, verwenden heute allerdings keine emaillierten Behälter mehr. Pfaudler produziert außer in Schwetzingen auch in USA, Brasilien, Indien, China und Schottland. Und bald eben in Waghäusel.

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