Symbolbild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Von Stefan Hagen und Daniel Bräuer
Stuttgart/Rhein-Neckar. In Bezug auf die Kreisimpfzentren gibt es jetzt auch eine Art "Nebenkriegsschauplatz" – es geht um das Honorar für die dort tätigen Ärzte. Hier existiert scheinbar eine "Zweiklassengesellschaft". Demnach erhalten Ärzte, die über einen Personaldienstleister akquiriert wurden, deutlich weniger Honorar als ihre Kollegen, die über die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KV) und die Landesärztekammer (LÄK) verpflichtet wurden.
Hintergrund: Das Land hat für Impfärzte eine Vergütung von 130 Euro pro Stunde angesetzt. Hinzu kommt eine Fahrtkostenpauschale von 30 Euro pro Tag. "Diese Mediziner gehen letztlich ein Honorarverhältnis mit dem Land ein. Das Land zahlt die Honorare", erläutert Uli Sckerl, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg. "Da das Land für den medizinischen Betrieb der Impfzentren verantwortlich ist, wurde diese Regelung gewählt."
Der Rhein-Neckar-Kreis rekrutiert jedoch zumindest einen Teil der Ärzte als Leiharbeiter über die Firma "Lichtfeld" in Hockenheim, die sich auf die Vermittlung von Medizinern spezialisiert hat. Hier dürfte das Honorar niedriger sein, betont Sckerl. Der RNZ liegen Dokumente vor, wonach Lichtfeld 70 Euro pro Stunde anbietet. Von den 60 Euro Differenz fielen für den Dienstleister auch Sozialbeiträge und Mehrwertsteuer an, so Sckerl.
Die Firma selbst kündigte an, in der kommenden Woche Stellung zu beziehen. Der Rhein-Neckar-Kreis indes gibt sich zugeknöpft bei der Frage, wie viel die Leihärzte oder die Firma erhalten. Auch die Frage, wie viele Mediziner so gewonnen wurden, beantwortet Kreissprecher Ralph Adameit vage. Die Akquise erfolge "überwiegend durch Personaldienstleister", so Adameit. "Zudem wurden Ärzte über die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg und die Landesärztekammer Baden-Württemberg vermittelt. Hinzu kommen Ehrenamtliche, die sich bei unserem Haupt- und Personalamt gemeldet haben." Genaue Zahlen gibt es jedoch nicht.
Auf einem Vermittlungsportal der Landesärztekammer war allerdings kein Impfzentrum im Rhein-Neckar-Raum vermerkt, berichtet ein interessierter Arzt. Er meldete sich bei der KVBW – und wurde später von Lichtfeld kontaktiert.
Ein Sprecher der KV in Stuttgart bestätigt, dass die KV für jede gemeldete Stunde 130 Euro ausschütte und vom Land wiederhole. Die Abrechnungen können dabei von einzelnen Ärzten direkt kommen oder von Dienstleistern.
Laut KV ist auch in Mannheim ein Dienstleister beteiligt. Nach Angaben der Landesregierung laufen derzeit Verhandlungen mit einer Firma, die medizinische Fachangestellte, zum Beispiel Pfleger, rekrutieren soll. Es stehe den Betreibern der Zentren frei, aus ihrer Verwaltungskostenpauschale einen eigenen Dienstleister zu beauftragen, sagt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums.
Die eingesetzten Pfleger stellt der Kreis direkt an. Zu den gezahlten Honoraren schweigt man sich aus. Laut Gesundheitsministerium sind hier 50 Euro für medizinisches Personal und 27,60 Euro in der Verwaltung vorgesehen – jeweils als Arbeitgeberbrutto inklusive der Sozialbeiträge. Ärztinnen und Ärzte trügen die Verantwortung, betont das Land: für die Aufklärungsgespräche, die Entscheidung, wer geimpft werden kann, und die Überwachung der Geimpften nach dem Einstich.
Aber warum ist überhaupt der Einsatz einer Personalagentur notwendig? "Aufgrund der Größe der Impfzentren und der zum Betrieb notwendigen, umfangreichen Personalressourcen können entsprechende Dienstleister einen wichtigen Beitrag zur verlässlichen Personalausstattung leisten", heißt es im Landratsamt.
Das sehen nicht alle so. "Ohne jede erkennbare Notwendigkeit" würden zweckgebundene Landesmittel an den Empfängern vorbeigeleitet, sagt ein Arzt gegenüber der RNZ. Ihm sei egal, ob er 130 Euro, 60 Euro oder gar nichts erhalte. Nur mit seiner Hilfsbereitschaft andere bereichern – außer den Geimpften – das wolle er nicht. Er hat abgesagt.