Die Herxheimer "Hitler-Glocke" ist nicht das einzige Geläut aus der NS-Zeit. Foto: Anspach
Von Jasper Rothfels
Herxheim/Speyer. Bei der Suche nach Glocken aus der NS-Zeit mit problematischen Inschriften sind im Gebiet der Evangelischen Kirche der Pfalz fünf Exemplare registriert worden. Das sagte Oberkirchenrat Michael Gärtner in Speyer. Weil Menschen unterschiedlich auf solche Klangkörper reagierten und manche sie für unerträglich hielten, sei es aus Sicht des Landeskirchenrates das Klügste, die Glocken abzunehmen und an einem Ort auszustellen, der möglichst nichts mit der Gemeinde zu tun haben solle. Die Kirchenregierung unterstütze das Abhängen und die Anschaffung neuer Glocken mit insgesamt 150.000 Euro aus einem neu gebildeten Glockenfonds.
Die Landeskirche hatte eine Sachverständige mit der Suche beauftragt, nachdem eine Glocke mit NS-Inschrift im pfälzischen Herxheim am Berg über die Landesgrenzen hinaus für Diskussionen gesorgt hatte. Glocken mit NS-relevanten Texten hängen auch im südpfälzischen Essingen, in Mehlingen bei Kaiserslautern, im saarländischen Homburg-Beeden sowie in Pirmasens-Winzeln. Insgesamt hatte die Sachverständige zehn Glocken aus der NS-Zeit ausfindig gemacht. Die Inschriften der fünf anderen Exemplare - zum Beispiel "Gedenkt!" oder "Betet!" - wertet die Kirche aber als unverfänglich.
Die Herxheimer Glocke hängt zwar im Kirchturm des Ortes, sie gehört aber der politischen Gemeinde - im Unterschied zu den anderen Exemplaren, die laut Gärtner Eigentum der Kirchengemeinden sind. Nur bei der Glocke aus Essingen sei nicht ganz klar, wem sie gehöre. Das Angebot, eine neue Glocke zu finanzieren, gelte aber auch für diese Fälle, sagte der Oberkirchenrat. Die Entscheidung, ob die Glocke abgenommen wird, liegt nach seinen Angaben letztlich bei der Kirchengemeinde. Er habe bis auf eine alle informiert, aber noch keine Rückmeldung. "Ich denke, die brauchen einfach Zeit", sagte er.
Nicht nur in Herxheim, sondern auch in Essingen hat die Kommune bereits die Sachverständige, Birgit Müller, mit der Klärung der Frage beauftragt, was mit den Glocken geschehen soll. Von einem Gutachten, das alle gesetzlichen und denkmalschützerischen Aspekte berücksichtigen soll, wollen sie abhängig machen, wie mit den Glocken zu verfahren ist. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat keine Hinweise auf solche Glocken auf ihrem Gebiet gefunden und plant auch keine Suche.
Die Evangelische Landeskirche in Baden habe ebenfalls recherchiert: "Wir sind aber auf keine solche Glocke gestoßen", so Pressesprecher Daniel Meier auf RNZ-Anfrage. Auch die katholischen Bistümer Mainz, Speyer und Trier vermuten solche Glocken nicht in ihren Türmen.
Ende September wurde bekannt, dass im saarländischen Rilchingen-Hanweiler - im Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland - eine evangelische Kirchengemeinde eine Glocke mit vier Hakenkreuzen abhängen wollte. Bis dahin sollten die Hakenkreuze abgedeckt werden. Letzteres sei geschehen, sagte der Sprecher der Evangelischen Kirchenkreise an der Saar, Helmut Paulus.
Bei der Synode, die vom 30. November bis zum 2. Dezember in Speyer tagt, stehen die Glocken nicht auf der Tagesordnung. Das Schwerpunktthema lautet "Versöhnung - Gerechtigkeit - Partizipation" und soll sich mit der Frage nach sozialer Gerechtigkeit befassen. Die Synode wird auch darüber diskutieren, ob für gleichgeschlechtliche Paare künftig eine "Trauhandlung" angeboten werden kann - eine Trauung, die nur nicht so heißen soll.