Wenn sich Männer am Telefon als Polizisten ausgeben, sollte man die richtige Polizei anrufen. Foto: pr
Von Peter Wiest
Heidelberg.Sie fielen auf eine üble Masche herein und verloren ihre Ersparnisse beziehungsweise ihr Vermögen. Drei Seniorinnen wurden im Februar um Geld und Wertsachen gebracht, als sie "falschen Polizeibeamten" auf den Leim gingen. Das Landgericht in Heidelberg verhandelt gegen zwei Angeklagte in diesen Fällen.
Angebliche Polizisten hatten die Frauen kontaktiert und erzählt, sie hätten in der Nähe Einbrecher gefasst, bei denen Zettel mit ihren Namen und ihrer Adresse gefunden worden seien. Eine 83-Jährige aus Leimen ließ sich dadurch überreden, 67.000 Euro in bar sowie Goldbarren, Münzen und Schmuck in erheblichem Wert aus ihrem Bankschließfach zu holen, um die Schätze der "Polizei" zur Sicherstellung übergeben zu können. Eine 79-jährige Frau aus Mannheim deponierte aus dem gleichen Grund über 10.000 Euro in bar in einer Tasche hinter einem Stromkasten auf der Straße, und eine Seniorin in Roßdorf bei Darmstadt legte insgesamt 31.000 Euro in einer Tüte in einen Papierabfallbehälter zur Abholung.
Die übernahm dann ein Kurier, der deswegen seit vergangener Woche vor dem Landgericht Heidelberg steht. Der 25-jährige Adem D. hat die ihm zur Last gelegten Vorwürfe für Mannheim und Roßdorf zugegeben; ebenso eine indirekte Beteiligung an dem Betrug in Leimen. Für diesen hat die ebenfalls angeklagte 27-jährige Maria P. gestanden, der Seniorin die Tasche mit Geld und Wertsachen bei der Abholung gegen deren Willen entwendet und sie zusammen mit einem Fahrer nach Lampertheim zu Adem D. gebracht zu haben.
Beide Angeklagte erhielten dafür von den eigentlichen Hintermännern der Taten einen eher geringen Anteil an der Beute: im Leimener Fall jeweils 3000 Euro. In den anderen beiden gab es für Adem D. 1200 Euro beziehungsweise einen höheren dreistelligen Betrag. Der Großteil der Beute wurde an die laut Polizei vermutlich in der Türkei sitzenden und bisher unbekannten Haupttäter weitergeleitet. Was bringt die Opfer aber dazu, solchen vordergründig mehr oder minder offensichtlichen Betrügereien anheimzufallen und Geld und Wertsachen wegzugeben oder irgendwo für angebliche Polizisten zu deponieren?
"Das geschieht durch permanente Anrufe, bei denen die Gauner mit allen Tricks arbeiten, mal freundlich und nett, dann wieder bestimmt und sogar drohend sind", so ein 28-jähriger Beamter der Kriminalpolizei in Heidelberg als Zeuge vor Gericht. Er war an den Ermittlungen maßgeblich beteiligt gewesen.
Im Fall der Leimenerin, die Geld und Wertsachen in einem Bankschließfach deponiert hatte, behaupteten die als Polizisten getarnten Anrufer, dass an den geplanten Betrügereien auch Bankmitarbeiter beteiligt seien und sie deshalb ihr Schließfach schnellstmöglich räumen solle: "Die Polizei wird das dann alles sichern." Als sie dem Anrufer gegenüber erklärte, dass sie trotzdem Geld und Wertsachen nicht an eine Abholerin übergeben wolle, warnte sie dieser, dass sie dadurch die Ermittlungen behindere – und dass ihm auch persönlich dann Unheil drohen könne: "Ich habe Kinder, und vielleicht werde ich dann sogar erschossen."
Die Frau sei "wie in einem Film" gewesen, sagte der Zeuge. Nach seiner Einschätzung sei sie "durch die Tat nachhaltig psychisch belastet", leide bis heute darunter und habe große Ängste – was auch für die 79-jährige Mannheimerin gelte, die trotz allen Einsatzes der "richtigen" Beamten kein komplettes Vertrauen mehr zur Polizei fassen könne.
Dies sei auch bei der Seniorin aus Roßdorf so, erklärte eine 39-jährige Ermittlerin im Zeugenstand: "Es hat die Frau schwer getroffen; da ist einfach keine Vertrauensbasis mehr da." Die Dame sei von den Tätern extrem unter Druck gesetzt worden, die ihr ebenfalls sagten, sie behindere die Arbeit der Polizei, wenn sie sich dagegen wehre, ihr Geld in Verwahrung zu geben. Das alles sei "einfach eine ganz perfide Masche", so die Zeugin.
Der Prozess gegen die "Kuriere" Adem D. und Maria P. wird am kommenden Dienstag mit den Plädoyers der Verteidiger fortgesetzt.