Dominique Odar und Peter Simon. Foto: zg
Von Alexander Albrecht
Edingen-Neckarhausen. Schon eine Käsetheke reicht aus, um Begeisterung für ein geeintes Europa zu entfachen. Zumindest war das bei Dominique Odar so. Die heute 35-Jährige, Tochter eines Österreichers und einer Deutschen, erinnert sich noch gut, wie sie als Jugendliche im Supermarkt in Mühlhausen vor dem Regal stand. Und Käse aus dem Heimatland des Vaters erspähte. "Das hat uns so gefreut", sagt die Juristin, "da haben wir richtig drauf angestoßen".
Mit einer persönlich gefärbten Rede wirbt Odar am Samstagvormittag in der bis auf den letzten Platz gefüllten Eduard-Schläfer-Halle in Edingen-Neckarhausen um das Vertrauen der SPD-Mitglieder aus den Kreisverbänden Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Sie haben sich versammelt, um die Resolution "Aufbruch Europa" zu verabschieden, die zwei Genossen ins Europäische Parlament tragen sollen: Dominique Odar und der Mannheimer Peter Simon. Zweiterer vertritt bereits seit 2009 die Kurpfälzer SPD in Straßburg. Odar und Simon wollen bei der Landesvertreterversammlung am 22. September in Tuttlingen mit guten Platzierungen auf der Landesliste den Grundstein dafür legen, im nächsten Jahr den Sprung in das Parlament zu schaffen.
Viel Begeisterung will am Samstag im Saal zunächst nicht aufkommen. Während Thomas Funk, Vorsitzender der SPD Rhein-Neckar, in seiner Begrüßungsrede die Union wegen des wochenlangen Asylstreits aufs Korn nimmt und den um sich greifenden Nationalismus in Europa geißelt, tragen sich noch Mitglieder in die Anwesenheitslisten ein; andere plaudern oder decken sich mit Laugenstangen, Würstchen und Kuchen ein.
Nachdem alle Formalitäten geklärt sind, stellt sich zuerst Peter Simon vor. Er redet frei - und sich beinahe in Rage. Der 51-jährige Jurist malt ein finsteres Bild von Europa. Politisch sei der Kontinent seit Gründung der Vorläuferorganisationen der heutigen EU noch nie in einem so schlechten Zustand gewesen.
Quer durch Europa kämen Parteien in Parlamente und an die Macht, die sich gegen den Einigungsprozess positionieren. Gleichzeitig könne man länderübergreifend einen Niedergang der Sozialdemokratie beobachten. Simon glaubt zu wissen, warum das so ist: "Die Menschen erwarten Lösungen von Europa für die großen Probleme unserer Zeit." Allerdings verharre die EU-Politik seit 20 Jahren im Klein-Klein. Enttäuscht wendeten sich deshalb Bürger in Scharen von den etablierten Parteien ab und zu den rechtspopulistischen Kräften hin. Viele AfD-Wähler, so Simon, seien "keine Rassisten, sondern unsere Leute".
Die SPD, meint Simon, habe die Chance, sich über Europa zu profilieren. Unter großem Beifall ruft er dazu auf, die "Politik in Spiegelstrichen" zu beenden und das große Ganze in den Blick zu nehmen. "Wem, wenn nicht uns, sollte das gelingen?" Simon setzt auf Emotionen, seine Arbeitsschwerpunkte - die Bankenregulierung oder der Kampf gegen die Steuerflucht - fallen unter den Tisch. Odar kündigt an, sich für ein gerechteres Europa einsetzen zu wollen. Im Gegensatz zum erfahrenen Simon ist sie deutlicher nervöser. Dass sie Unsicherheiten in ihrer Rede charmant weglächelt, verschafft ihr aber immerhin Sympathien.