Blick auf das Feuerwehrgerätehaus im Ortsteil Edingen – das Gebäude hat schon bessere Tage gesehen. Foto: Kraus-Vierling
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. "Alarm in Neckarhausen: Die Freiwillige Feuerwehr schmeißt hin" – so betitelte die RNZ einen Streit zwischen der Wehr in Neckarsteinach-Neckarhausen mit der Kommune, der darin gipfelte, dass die Feuerwehrleute ihre Funkmelder zurückgaben und aus der Wehr austraten.
Die Freiwillige Feuerwehr Edingen-Neckarhausen hat den Beitrag auf ihrer Seite auf Facebook geteilt. Zum einen, weil sie eine Namensverwechslung vermeiden will, denn die Edingen-Neckarhäuser Wehr ist nach wie vor einsatzbereit. Zum anderen aber auch, um auf eigene Sorgen aufmerksam zu machen: Seit 2009 fordert die Edingen-Neckarhäuser Wehr ein neues Hilfeleistungszentrum (HLZ). Die alten Gerätehäuser in beiden Ortsteilen entsprechen längst nicht dem heutigen Standard, haben keine oder unzulängliche sanitäre Anlagen und sie sind nicht mehr sanierungsfähig.
Einen Bebauungsplan hat die Kommune zwar auf den Weg gebracht und Grundstückskäufe getätigt. Doch ein klares Bekenntnis des Gemeinderats zum neuen HLZ fehlt, die Kommunalpolitiker fürchten die Millioneninvestition. Zugleich fallen seit Langem beständig Kosten nur für die notwendigsten Reparaturen beider Gerätehäuser an. Wenn der Gemeinderat das HLZ nicht wolle, müsste er eine Alternative suchen und an zwei Standorten neu bauen, schildert Kommandant Stephan Zimmer.
Dabei macht das wenig Sinn: Ins neue HLZ an zentralem Standort im Gewann "Milben" gegenüber von Lidl und Aldi soll auch das Rote Kreuz einziehen. Und zumindest der Ortsverein Edingen hat seine Bereitschaft dazu signalisiert. Debatten im Gemeinderat über die künftige Größe des HLZ kommen bei der Wehr nicht gut an. Sie hat schon vor einiger Zeit in ehrenamtlicher Arbeit ein professionelles Raumprogramm für ein funktionales und nicht überdimensioniertes Gebäude aufgelegt. Das interessiere aber keinen, bedauert der Kommandant.
Auf die Frage, ob sich die Edingen-Neckarhäuser Wehr einen Streik vorstellen könnte, sagt der Kommandant klipp und klar: "Ausgeschlossen ist das nicht mehr." Die Stimmung der Aktiven sei "am Boden" und es gebe immer mehr, die austreten wollten. "Die Gemütslage ist miserabel", schildert Zimmer. Für Edingen-Neckarhausen könnte das zum Problem werden. Angenommen, die Freiwillige Feuerwehr würde ebenfalls wie ihre Kollegen in Neckarsteinach "hinschmeißen", müsste die Gemeinde über die umliegenden Kommunen Ersatz suchen oder als letzten Schritt eine Pflichtfeuerwehr einführen.
Zudem müsste dann all die Verwaltungsarbeit, die die Freiwillige Feuerwehr ehrenamtlich leistet, im Rathaus erledigt werden. Finanziell würde sich die Gemeinde dabei schlechter stellen.
Der Edingen-Neckarhäuser Wehr, die im Gegensatz zu anderen Zügen personell noch gut da steht, geht es auch um Wertschätzung. Wenn ein Kamerad gefragt werde, weshalb die Feuerwehr jüngst bei einem großen Unfall auf einer Kreuzung mit Gefahrenpotenzial in angeblich zu hoher und somit kostenintensiver Stärke aufgeschlagen sei, lässt das die Einsatzabteilung sprachlos zurück. "Es gibt gesetzliche Vorgaben, die wir erfüllen müssen. Ich kann doch nicht erst zu einem Brand rausfahren und schauen, ob es viel oder wenig brennt, um dementsprechend Fahrzeuge rauszuschicken", meint der Kommandant.
Bei besagtem Unfall seien nur drei eigene Fahrzeuge vor Ort und die Polizei heilfroh über die Hilfe gewesen. Davon abgesehen, dürfen coronabedingt nur noch maximal sechs Personen in einem Löschfahrzeug sitzen. Demzufolge müssen mehr Fahrzeuge nachgeführt werden. Es nerve auch die Frage, ob die Feuerwehrleute zu hoch entschädigt werden. Der Kommandant hat ausgerechnet, dass ein Gemeinderat in drei Monaten mehr Sitzungsgeld bekommt, als ein Feuerwehrmann im Jahr. Bürgermeister Simon Michler kann die Sorgen der Wehr verstehen. Die Stimmung sei "nicht überragend", das gebe er zu. Vor wenigen Wochen habe der Feuerwehrausschuss in einer Videokonferenz getagt, und er habe die Ausschussmitglieder über den Stand der Dinge informiert.
Baurecht fürs neue HLZ herzustellen, dauere einfach seine Zeit, sagt Michler. Die seit Jahresende vorliegende Machbarkeitsstudie soll demnächst als Videoclip vorgestellt werden – im nächsten Vierteljahr gehe es um die Weichenstellung. Michler sagt, der Gemeinderat könnte sich dann endgültig zum HLZ äußern. Und er nimmt das Gremium ein stückweit in Schutz: Es sei bei Anschaffungen immer wieder großzügig.