Als Clementine Sommer wurde sie 1825 in Bruchsal geboren. In Schwetzingen finanzierte Bassermann unter anderem den Bau des ersten Kindergartens. Foto: Stadtarchiv Schwetzingen
Von Anna Manceron
Schwetzingen. Sie ist die einzige Frau in der Stadtgeschichte von Schwetzingen, nach der man eine Straße benannt hat. Und nicht nur das: Clementine Bassermann erhielt 1897 als erste Frau im Großherzogtum Baden die höchste Auszeichnung, die eine Gemeinde verleihen kann - die Ehrenbürgerwürde. Sie hat sich gesellschaftlichen Respekt erkämpft in einer Zeit, in der es für Frauen nicht leicht war, sich zu behaupten. Ein Blick zurück auf ein bewegtes Leben.
Die spätere Ehrenbürgerin wird 1825 als Clementine Juliana Sommer in Bruchsal geboren. Ihr Vater ist Militärjurist und hat einen Sinn für Kunst und Wissenschaft. So steht es in einer Kurzbiografie Bassermanns, die der Schwetzinger Stadtarchivar Joachim Kresin geschrieben hat. Clementines Mutter, Maria Anna von Heimrodt, hat den 13-jährigen Fritz mit in die Ehe gebracht.
Mit ihm und einem weiteren älteren Bruder wächst Clementine in Bruchsal auf. 1836 zieht die Familie nach Mannheim, wo der Vater als einer der ersten Richter im Land am Hofgericht arbeiten wird. Die Eltern schicken ihre Tochter auf eine Privatschule, wo sie unter anderem Englisch und Französisch lernt. Als Clementine 17 Jahre alt ist, stirbt ihr Halbbruder Fritz, für den sie schwärmt. Zwei Jahre später verliert sie auch ihre Mutter durch eine Krebserkrankung.
Clementines Vater wird nach Karlsruhe versetzt. Kurze Zeit später stirbt auch er. Mit knapp 23 Jahren ist die junge Frau nun Vollwaise und muss mit wenig Geld auskommen. Mit ihrem Erbteil finanziert sie ihre Ausbildung als Lehrerin in einem Pensionat im Elsass. "Erzieherin zu werden war dazumal noch etwas Seltenes und erregte bei all ihren Bekannten Staunen und Bewunderung", schreibt später ihre Tochter Wilhelmine Bassermann. Die drei Jahre in Ribeauvillé beschreibt Clementine als eine der schönsten Zeiten ihres Lebens.
Die Clementine-Bassermann-Straße verbindet Bahnhofsplatz und Karlsruher Straße. Foto: len
Ihre erste Stelle als Erzieherin findet sie bei einem reichen Gutsbesitzer und Weinhändler im pfälzischen Deidesheim. Dort lernt sie 1851 auch ihren künftigen Ehemann, Gustav Bassermann, kennen. Sie heiratet den Bankierssohn und zieht mit ihm zurück an den Neckar nach Mannheim. 1852 bringt Clementine die Zwillinge Wilhelmine und Friedrich zur Welt - allerdings stirbt der kleine Junge nach fünf Jahren. Das Paar bekommt noch zwei weitere Kinder: Pauline (1853) und Alfred (1856).
Das Familienleben ist durch die aufbrausende Art des Vaters belastet: Archivar Joachim Kresin beschreibt Gustav Bassermann als gebildeten, aber unbeherrschten, schwermütigen und hochsensiblen Hypochonder. "Er fühlte sich nicht fähig, zu arbeiten", berichtet Kresin. "Allerdings besaß er eine großzügige Mitgift, von der die Familie lebte."
Im September 1864 ziehen die Bassermanns von Mannheim nach Schwetzingen. Der unter Schlaflosigkeit und Nervosität leidende Gustav hat dort ein Anwesen gekauft. Weit weg vom Lärm der benachbarten Großstadt. Clementine kümmert sich um Haus und Hof. Sie tritt dem örtlichen Frauenverein bei, den sie später fast 40 Jahre lang leiten wird.
Das ruhige, gesetzte Leben der Bassermanns findet ein jähes Ende, als 1870 der Deutsch-Französische Krieg ausbricht. Die ganze Familie packt mit an, um im Schwetzinger Schloss ein Reservelazarett einzurichten. Clementine übernimmt die Leitung des Pflegediensts und die Aufsicht der Krankensäle mit mehr als 300 Betten. Dabei zeigt sich, dass sie ihre Zeit im Elsass nicht vergessen hat: Clementine unterscheidet nicht zwischen Deutschen und Franzosen, sie behandelt alle gleich. Nach dem Ende des Kriegs schließt das Lazarett im Juni 1871.
Vier Jahre später stirbt Gustav Bassermann. Das Erbe, das er ihr hinterlässt, nutzt seine Frau für wohltätige Zwecke. Sie spendet an die Armen, das städtische Spital und die höhere Töchterschule. Mit einem Darlehen an die Stadt in Höhe von 14.000 Goldmark finanziert sie den Neubau einer Kleinkinderschule in der Herzogstraße. Es ist der erste Kindergarten in Schwetzingen. Die gelernte Erzieherin entwickelt auch eine besondere Beziehung zu ihrem eigenen Haus, dem Ysenburg’schen Palais. Nach ein paar Jahren kauft sie auch die angrenzende Obereinnehmerei und das benachbarte ehemalige kurfürstliche Waschhaus. Dort lässt sie kleine Wohnungen für arme Familien einrichten.
Für ihr soziales Engagement erhält Clementine Bassermann 1897 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Schwetzingen. 1909 wird eine Straße in der Kernstadt nach ihr benannt, für deren Durchbruch sie 5000 Mark gespendet hatte. Die letzten Monate im Leben der Wohltäterin sind geprägt von ihrer Altersdemenz. Am Ostermontag 1910 stirbt Clementine Bassermann im Alter von 84 Jahren.
Mit der 1875 gegründeten Konservenfabrik Max Bassermann & Cie. hatten sie und ihr Mann übrigens nichts zu tun. Die Firma gehörte seinem Neffen Max, der Clementine und Gustav nach Schwetzingen gefolgt war.