Die goldenen Schmuckstücke eines zeremoniellen Gewandes aus der Spätantike sind Teil des "Barbarenschatzes", den der 26-jährige Finder zunächst für sich behielt. Foto: Silz
Von Jasper Rothfels
Frankenthal. Am Ende zeigt sich der junge Finder des Schatzes von Rülzheim zufrieden. Zwar bekommt er keinen Anteil an dem Gold- und Silberfund und auch keinen Finderlohn, aber auch keine Haftstrafe zur Bewährung mehr. Weil er gestanden und auf alle Rechte an dem Schatz aus der Spätantike verzichtet hat, mildert das Landgericht Frankenthal das Urteil für ihn ab.
Zwar wird der 26-Jährige erneut wegen Unterschlagung verurteilt, aber nicht wie in den Vorinstanzen zu Haft auf Bewährung, sondern nur zu einer Geldstrafe auf Bewährung. "Es ist genau das eingetreten, was ich erhofft hatte", sagt er danach. Und: "Ich bin zufrieden, dass der Fund da bleibt, wo er hingehört: im Museum."
Die Vorsitzende Richterin, Iris Blankenhorn, nutzt die Begründung für ein paar grundsätzliche Anmerkungen: "Es wird nie der belohnt, der unterwegs ist, einen Schatz findet und ihn dann behält", sagt sie nach der überraschend anberaumten Urteilsverkündung: "Es wird der belohnt, der auf die Rechtsordnung zugeht." Das sei nun geschehen. "Nutznießer ist die Allgemeinheit", befindet die Richterin, die darauf hofft, dass die Entscheidung auch eine befriedende Wirkung auf die Debatte zwischen Hobby-Schatzsuchern und hauptamtlichen Archäologen hat.
Im Jahr 2013 hatte der begeisterte Sondengänger bei einer nicht angemeldeten Suche nahe Rülzheim in der Südpfalz den Gold- und Silberschatz entdeckt. Er habe zuerst gedacht, er habe einen Gartenzaun gefunden, erinnert er sich vor Gericht. Er bunkerte den Schatz bei Bekannten und rückte ihn erst heraus, als Fotos davon der Polizei in die Hände fielen. Er habe nicht gewusst, welchen Wert der Fund habe und erst recherchiert.
Weil in Rheinland-Pfalz Schätze von kulturhistorischer Bedeutung aber unter bestimmten Umständen automatisch dem Land gehören, wurde er in zwei Instanzen zu Bewährungsstrafen von 15 beziehungsweise acht Monaten verurteilt. Auf die Revision seiner Verteidiger hin bemängelte das Pfälzische Oberlandesgericht, es sei nicht ermittelt worden, ob der Schatz überhaupt von kulturhistorischer Bedeutung sei. Deshalb trafen sich die Beteiligten jetzt zum dritten Mal vor Gericht.
Diesmal waren drei Gutachter dabei, die bei der Frage nach der wissenschaftlichen Bedeutung und dem Wert des Schatzes allerdings zu höchst unterschiedlichen Aussagen kamen. Eine von der Verteidigung beauftragte Sachverständige sagte, kein Stück des Schatzes sei von besonderer Bedeutung. Es sei ein zusammengewürfelter Fund, der vermutlich von Dieben oder Räubern verbuddelt worden sei und einen Marktwert von etwa 44.000 Euro habe. "Es ist kein Fund, der unsere Erkenntnisse der Epoche verändern wird."
Zu einem anderen Ergebnis kamen zwei vom Gericht bestellte Gutachter. Alleine die Überreste eines Klappstuhls hätten einen Versicherungswert von 300.000 Euro, befand einer von ihnen. Er sei ebenso wie eine Silberschale mit eingearbeiteter Gewandspange einzigartig. Er schätze den Versicherungswert des Fundes auf 425.000 bis 575.000 Euro. Die Wissenschaftler gingen auch davon aus, dass der Schatz eine besondere wissenschaftliche Bedeutung habe. Er vereine Stücke aus Ost und West und könne auch ein Totenopfer für eine hochstehende Persönlichkeit gewesen sein, sagte der andere Gutachter.
Zu dieser unterschiedlichen Einschätzung kam hinzu, dass der junge Finder, inzwischen Vater einer kleinen Tochter und beruflich selbstständig, ein Geständnis ablegte. Strittig war noch, wem der Schatz nun gehört: Dem Land oder bei einem geringeren Wert der Verbandsgemeinde Rülzheim. Sie müsste den Fund unter Umständen mit dem 26-Jährigen teilen. Er verzichtete aber - und trug damit laut Richterin Blankenhorn maßgeblich dazu bei, dass das Urteil milder ausfiel. "Dass es sich um wertvolle Stücke handelt, müsste ihm im Laufe der Zeit klargeworden ein", sagte sie. Die Geldauflage von 500 Euro an den Dombauverein des zum Weltkulturerbe zählenden Doms in Speyer rechtfertigte sie mit den Worten: "Ich denke, das ist ein Bauwerk, das unzweifelhaft eine besondere historische Bedeutung hat."