Die Geschäftsstelle der AWO Rhein-Neckar in Weinheim wurde mittlerweile verkauft. Seither ist der Sozialverband nur noch Mieter. Foto: Dorn
Von Stefan Hagen und Karin Katzenberger-Ruf
Rhein-Neckar. Paukenschlag bei der jüngsten Kreisversammlung der AWO Rhein-Neckar: Der Sozialverband habe finanziell fast vor dem Aus gestanden, hatte Vorsitzender Gerhard Kleinböck den staunenden Mitgliedern in der Mehrzweckhalle im Weinheimer Stadtteil Hohensachsen am vergangenen Wochenende gebeichtet. Die zu meisternde Krise habe man bislang noch unter Verschluss gehalten, um Kunden und Kooperationspartner nicht zu verunsichern.
Nach Übernahme des Vorsitzes der AWO Rhein-Neckar im Jahr 2016 habe ihn der Blick auf die Berichte des Wirtschaftsprüfers alarmiert, erläutert Kleinböck auf Nachfrage der Rhein-Neckar-Zeitung. Eine Vorstandssitzung gemeinsam mit dem Wirtschaftsprüfer habe schließlich die prekäre Lage seit dem Bau der Geschäftsstelle in der Weinheimer Burggasse verdeutlicht.
Im Rahmen der Versammlung hatte der SPD-Politiker davon gesprochen, dass ab dem Jahr 2012 "zwischen 300.000 und 400.000 Euro verbrannt" worden seien. Diese Aussage lässt natürlich Raum für Spekulationen. Was heißt "verbrannt? Bei der Nachfrage nach Einzelheiten bleibt Kleinböck betont defensiv. Die Gelder seien in dem Sinne verbrannt worden, dass Substanz aufgezehrt worden sei, hält er sich bedeckt.
Ebenfalls in besagter Sitzung gab es auch kritische Nachfragen – etwa, ob Kleinböcks Amtsvorgänger Bruno Sauerzapf seine Kompetenzen überschritten habe oder warum dem früheren Geschäftsführer Manfred Weißkopf so viele Freiheiten gewährt worden seien. Weißkopf war seinerzeit fristlos gekündigt worden. Ein anschließender Prozess vor dem Arbeitsgericht endete mit einem Vergleich. Aber nur, weil alles andere für die AWO zu teuer gewesen wäre, hatte Kleinböck in Hohensachsen betont. Auch diese Aussage lässt Raum für Spekulationen.
Gegenüber der RNZ lässt der Landtagsabgeordnete durchblicken, dass einer seiner Vorgänger dem Geschäftsführer eine Generalvollmacht erteilt habe, was bei der Arbeiterwohlfahrt jedoch verboten sei. Ein anderer Vorsitzender habe dem Geschäftsführer gar "einen über das Renteneintrittsalter hinaus unbefristeten Arbeitsvertrag" gegeben, zeigt sich Kleinböck fassungslos.
Auch nachdem er den Vorsitz übernommen habe, habe der Geschäftsführer auf seine Generalvollmacht gepocht. "Das habe ich nicht mitgemacht, deshalb war die Trennung unabdingbar, eine weitere Zusammenarbeit war nicht möglich", stellt Gerhard Kleinböck klar.
Nach dieser Trennung und einer intensiven Durchforstung aller Geschäftsbereiche sehe man nun das berühmte "Licht am Ende des Tunnels", hatte der AWO-Chef im Rahmen der Kreisversammlung die Mitglieder beruhigt. "Wir reiten auf der Rasierklinge, aber wir haben inzwischen Hornhaut", zeigte er sich vorsichtig optimistisch. Dank der zielstrebigen Arbeit der beiden Geschäftsführerinnen Bettina Latsch und Ulrike Freundlieb würden in enger Abstimmung mit dem Vorstand zukunftweisende Entscheidungen getroffen und systematisch umgesetzt.
Bruno Sauerzapf, bis 2016 Vorsitzender des AWO-Kreisverbandes, zeigte sich auf RNZ-Nachfrage verwundert über die Vorwürfe seines Nachfolgers. "Wie die Jahresberichte aus meiner Amtszeit zeigen, hatte die AWO ein positives Jahresergebnis. Geld wurde keinesfalls verbrannt, sondern sinnvoll investiert", betont der CDU-Politiker. Zu den Vorwürfen müsste man ihm konkretere Zahlen zur Verfügung stellen. Die Jahresabschlüsse seien von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. Berkhemer Bauer König & Partner GmbH stets ohne Beanstandung akzeptiert worden. In dem Prüfungsbericht über besagten Jahresabschluss stehe "Unsere Prüfung hat zu keinen Beanstandungen geführt".
Eine Kompetenzüberschreitung, betont Sauerzapf, habe es in seiner Amtszeit niemals gegeben. "Im Übrigen war bei meinem Amtsantritt der Geschäftsführer bereits mit einer Generalvollmacht ausgestattet gewesen."
Der ehemalige Geschäftsführer Manfred Weißkopf habe seines Erachtens nach die AWO Rhein-Neckar mit Umsicht geführt und den Neubau in Weinheim – vor seiner Amtszeit – realisiert. Er habe sein volles Vertrauen genossen. "Warum man nun vier Jahre nach meinem Ausscheiden solche Vorwürfe erhebt, darüber sollte sich jeder Gedanken machen."
AWO-Vorsitzender Gerhard Kleinböck. Foto: Dorn