Lagebesprechung: Kommissarin Johanna Stern (Lisa Bitter) zeigt auf einer Karte, wo in Mannheim der Anschlag stattfinden soll. Foto:
Von Alexander R. Wenisch
Ludwigshafen. Mario Kopper ist weg und wird schmerzlich vermisst. Das neue Ludwigshafener Tatort-Team startet durch: Lena Odenthal und Johanna Stern. "Vom Himmel hoch" heißt der wenig weihnachtliche Politik-Krimi, der am Sonntag (20.15 Uhr) in der ARD zu sehen ist.
Was ist passiert? Ein Psychiater wird erschlagen in seiner Praxis gefunden. Der renommierte Therapeut war spezialisiert auf Kriegstraumata. Unter seinen Patienten finden sich zivile Opfer von kriegerischen Auseinandersetzungen wie auch traumatisierte Militärangehörige der US Air Base in Ramstein. Täter und Opfer geben sich bei ihm die Klinke in die Hand. Menschen mit unterschiedlichsten Gewalterfahrungen, von denen sich einer möglicherweise gegen seinen Therapeuten gewandt hat.
Worum geht es wirklich? Um den US-Drohnenkrieg. Es gab immer mal Berichte und Gerüchte, die US-Armee würde vom Stützpunkt Ramstein aus nicht nur Signale weiterleiten, sondern den Luftkrieg im Nahen Osten aktiv führen. Dieses heikle Thema greift der Tatort als Fiktion auf - sicher in der Hoffnung, eine reale politische Debatte loszutreten. Autor Tom Bohn jedenfalls sagt: "Das Fernsehen muss wieder politischer werden." Im Mittelpunkt seines Plots steht einerseits eine Soldatin, traumatisiert von ihrem Einsatz an den tödlichen Joysticks. Andererseits ein kurdisches Brüderpaar, das ihre Angehörigen durch eben einen solchen US-Angriff verloren hat.
Was leisten die Kommissarinnen? Die Lage wird brenzlig. Odenthal und Stern wird im Laufe ihrer Ermittlungen klar: Mitten in Mannheim soll ein Anschlag verübt werden - auf das Hotel "Grand House International", in dem sich gerade ein hoher US-General aufhält.
Wie schlagen sich Odenthal und Stern? Sie schlagen sich - wortwörtlich! Ulrike Folkerts hatte zu ihrem 25. Dienstjubiläum vor vier Jahren ja bereits ihren Wunsch geäußert, sich wieder mehr prügeln, mehr Widerworte geben zu dürfen. Jetzt ist es soweit! Die Lederjacken-Lena aus den 90ern ist zurück. Und Lisa Bitter als Kollegin Stern kommt auch mächtig ins Schwitzen. Die zwei, drei Kampfszenen sind aber auch schon das Highlight dieses Krimis.
Lohnt sich der LU-Tatort? Leider eher nein. Die Geschichte hat Potenzial, das Thema Brisanz. Aber die Macher lassen das sträflich liegen. Die Figuren sind holzschnittartig inszeniert. Die Ermittler laufen wie auf schlappem Akku. Die Dialoge sind teils grottig, wirken wie nachsynchronisiert. Auch das eigentlich dankbare Spannungsfeld Opfer/Täter wird zu wenig ausgeschöpft. So kommt kaum Spannung auf. Dabei wäre es leicht gewesen, der Story mit ein paar Kniffen mehr Pep zu verleihen: Man hätte das Ende des Falls an den Anfang stellen können ohne zu viel zu verraten und die Geschichte dann springen lassen können. Oder der Handlung wie in der Serie "24" einen Rahmen geben und mit Zeit-Einblendungen etwas Dynamik erzeugen können. Kein Hexenwerk, derlei kennt man aus anderen Krimis. Nur der SWR tut sich schwer. Unter allen Tatorten hat der Ludwigshafener die größten Qualitätsschwankungen. Es ist kaum verständlich, warum.