Windkraft: Der Bürger weiß nicht, woran er ist
Weil es gleich mehrere Akteure gibt, sind die Verfahren für den einfachen Bürger nur schwer zu durchschauen
Von Harald Berlinghof
Rhein-Neckar. Die Nutzung der Windenergie in der Region ist seit vielen Jahren ein heiß diskutiertes Thema. Vogel- und Landschaftsschützer treffen auf Klima- und Umweltschützer. Doch für viele sind die Planungen zum Ausbau der Windenergie beziehungsweise an welchen Standorten und in welcher Form sie zulässig ist, ein Buch mit sieben Siegeln. Wer entscheidet, wo die Windkraftanlagen gebaut werden dürfen?
Es reden mit: das Land Baden-Württemberg, das Regierungspräsidium Karlsruhe, der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN), der Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg, der Rhein-Neckar Kreis mit der unteren Naturschutzbehörde, die betroffenen Städte und Gemeinden sowie potenzielle Investoren und Bürgerinitiativen.
Es gibt den Regionalplan, den Flächennutzungsplan und kommunale Bebauungspläne. Viele Köche verderben den Brei, sagt der Volksmund. Wer hat also das Sagen? Jeder kocht sein Süppchen auf seiner Ebene. Der VRRN weist Vorranggebiete aus, benennt aber keine Ausschlussgebiete. Im Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbandes sollen sogenannte Konzentrationszonen ausgewiesen werden, um eine Verspargelung der Landschaft zu verhindern. Die Kommunen müssen sich an den Flächennutzungsplan halten, der das letzte Wort in dieser Sache spricht. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
> Dürfen Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten gebaut werden?
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Ja, aber erst wenn die Untere Naturschutzbehörde die Genehmigung erteilt oder den Zuschnitt des Landschaftsschutzgebietes ändert.
> Welche Steuerungsmöglichkeit haben Kommunen?
Prinzipiell haben die Kommunen die Planungshoheit über ihre Flächen. Die wird eingeschränkt durch die Ausweisung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan. Nur dort dürfen Windenergieanlagen entstehen. Die Kommunen sind an den Flächennutzungsplan gebunden, an dessen Ausarbeitung sie beteiligt sind. Sie dürfen außerdem in den sogenannten Vorranggebieten des Regionalplans nichts unternehmen, was der Ansiedlung von Windkraftanlagen widersprechen würde. Zum Beispiel die Ausweisung der Fläche als Baugebiet.
Im künftigen Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbandes kommen 17 Bereiche für Windenergieanlagen in Betracht mit einer Größe von 890 Hektar, worauf etwa 70 bis 80 Windenergieanlagen möglich wären. Es kann im Verfahren weitere Reduzierungen dieser Flächen geben. Deshalb sind Anwohner und alle Bürger jetzt aufgerufen, sich in diesen Planungsprozess einzubringen.
> Werden die Bergstraße und die Höhenzüge des Neckartals im Regionalplan zu "Tabugebieten"?
Nein, die Planungen des VRRN, die neben des Pfälzer Haardtrandes auch die Bergstraße und das Neckartal von Windenergieanlagen frei halten möchte, sind in dieser Hinsicht nicht bindend.
> Wie ist die Situation in Hessen?
Weil der Regionalplan Südhessen von 2010 keine Aussagen zur Windenergienutzung trifft, sollen Vorranggebiete in einem separaten "Teilplan Erneuerbare Energien" ausgewiesen werden. Diese Flächen wurden vom Regierungspräsidium nach gesetzlichen und von der Regionalversammlung beschlossenen Kriterien ermittelt. Derzeit werden die Stellungnahmen zum Teilplan aus der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausgewertet.