Von Jutta Biener-Drews
Heddesbach. Ein Wechsel steht an auf dem Chefsessel der kleinsten selbstständigen Gemeinde im Rhein-Neckar-Kreis. 28 Jahre lang, so ausdauernd wie kein anderer auf weiter Flur, saß Herwig Klein darauf. Doch der muss ihn, wenn er demnächst 68. Geburtstag feiert, räumen. Wobei sich müssen und wollen bei Klein die Waage halten. "Es reicht", sagt der Langzeitbürgermeister, "die Zeit ist da. Und ich hab auch noch was vor." Will heißen: In seiner freien Zeit wird er von jetzt an nur noch tun, was ihm gefällt: Tennis spielen, Holz hacken, singen, in der Ortsgeschichte forschen.
Seine Freizeit verbrachte Herwig Klein bislang nämlich mit der Ausübung seines Bürgermeisteramts, das in der 500-Seelen-Gemeinde ein Ehrenamt ist. Denn auch hauptberuflich hatte der Diplom-Kaufmann eine Führungsposition inne, die ihn forderte und für ihn immer an erster Stelle stand. Ohne sein "Team" aus Stellvertretern und Gemeinderäten, allesamt "Freizeitpolitiker", hätte er beides zusammen nicht gepackt, wie er sagt: "Wir haben uns hervorragend ergänzt". Das galt auch für die Außenauftritte des Odenwalddorfs, das zum Verwaltungsverband Schönau gehört. Die Bürgermeisterkollegen in der Nachbarschaft bekamen Klein so gut wie nie zu Gesicht. "Meine Arbeit war immer nach innen gerichtet".
Klein kommt eigentlich aus Ziegelhausen und hat mit Anfang 20 in Heddesbach eingeheiratet. Als er sich dort mit 40 zur Bürgermeister-Kandidatur entschied, war er nach eigenem Bekunden "ein Nobody, der völlig uninformiert in die Problematik eingestiegen ist". Aber er war fest entschlossen, "das Dörfle voranzubringen". Das scheint ihm gelungen zu sein.
Denn dreimal in Folge wurde er von seinen Heddesbachern mit dem Traumergebnis von 100 Prozent im Amt bestätigt - die Wahlbeteiligungen lagen stets bei über 75 Prozent. Klein: "Wir haben heute alles, was ein Dorf braucht". Investitionsbedarf sieht er keinen mehr, "wir können nur reinvestieren und das, was wir haben, sanieren".
Wie man ein kleines "Dörfle" voranbringt, das mit großem Stolz auf seine 200-jährige Selbstständigkeit blickt, dabei aber binnen 15 Jahren zehn Prozent seiner Einwohner eingebüßt hat? Dass der Bevölkerungsschwund so gravierend sein würde, davon sei er doch kalt erwischt worden, gesteht Klein. Wollte er doch dafür sorgen, dass Heddesbach als Wohnort attraktiv ist und mit Leben gefüllt wird. Er putzte die Dorfmitte heraus und schaffte an zentraler Stelle Raum und Räumlichkeiten für Vereinsleben und Geselligkeit. Aus ehemals vier Vereinen sind heute dreimal so viele Gruppen geworden, und das bürgerschaftliche Engagement am Ort sucht seinesgleichen. Klein war klar, "die Probleme hier draußen lassen sich nur als Gemeinschaft lösen". Und er hat es fertiggebracht, die Bürger in großer Zahl in seine ehrenamtlichen Projekte einzubinden.
Vor allem aber konnte das abgelegene Dorf, das sich gern mit dem berühmten gallischen vergleicht, seine Selbstständigkeit erfolgreich behaupten. Obwohl dafür sehr viel Geld in die Infrastruktur geflossen ist, hat sich Heddesbach finanziell nie überhoben. "Majestix" Klein mochte es solide: "Ich hab' die Finanzen verteidigt, als ob's der eigene Geldbeutel wäre".
Am 26. Februar ist Bürgermeisterwahl. Einziger Bewerber um das selbstverständlich nicht um Gottes Lohn auszuübende Ehrenamt ist der 60-jährige Wahl-Heddesbacher Hermann Roth. Der Leitende Angestellte im Vorruhestand, seit 35 Jahren mit einer Heddesbacherin verheiratet, weiß alle drei im Rat vertretenen freien Listen hinter sich.