"Wir haben keine Zeit zu verlieren"
Metropolregion und "TechnologieRegion Karlsruhe" berieten in ihrer ersten Regionalkonferenz über die Mobilität von morgen

Hände weg vom Lenkrad: Autonomes Fahren geht schon heute. Doch es wird noch eine ganze Zeit lang dauern, bis daraus Alltag im Straßenverkehr wird. Foto: Naupold
Von Carsten Blaue
Hockenheim. Die Mobilität von morgen werde flexibler, klimafreundlicher und sicherer sein: "Und wir haben keine Zeit zu verlieren", sagte Bernd Kappenstein vor dem Hintergrund des zunehmenden Verkehrs. Ohne eine Verkehrs- gebe es zudem auch keine Energiewende. Da seien die Ziele noch in weiter Ferne angesichts niedriger Zulassungszahlen von Fahrzeugen mit Elektroantrieb, so der Leiter des Fachbereichs Energie und Umwelt bei der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Er begrüßte gestern 250 Experten aus der Metropolregion und vom Aktionsbündnis "TechnologieRegion Karlsruhe" zur ersten gemeinsamen Regionalkonferenz, die sich in der Hockenheimer Stadthalle der Mobilitätswende widmete.
Mehr Verkehr auf gleichem Raum
Diese werde trotz aller schon jetzt verfügbaren Technologien ihre Zeit brauchen, waren sich die Teilnehmer einig. Außerdem müssen Nahverkehrsanbieter aufpassen, dass sie in den Städten nicht zu Verlierern der neuen Mobilitätskultur werden. Daniel Hobohm aus der Transportsystemsparte von Siemens verwies auf eine Studie, die den Anteil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) von 41 auf 27 Prozent sinken sieht. "Wir müssen unsere Strategien neu ausrichten", sagte dazu Volkhard Malik, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar (VRN), in einer Podiumsdiskussion, die die Bereitschaft zur "Fortbewegung von morgen" erörterte.
Auch die Stadt Hockenheim will die Mobilitätswende nutzen, um neue Geschäftsmöglichkeiten für ihre Rennstrecke zu nutzen, wie Oberbürgermeister Dieter Gummer in seinem Grußwort andeutete, ohne ins Detail zu gehen. Die Mobilität als Wirtschaftsfaktor für die Region sprach Landrat Stefan Dallinger an: "Wir haben hier dramatische Veränderungen vor uns", so der Vorsitzende des Verbands Region Rhein-Neckar: "Menschen und Unternehmen werden künftig flexibel und kurzfristig darüber entscheiden, welcher Verkehrsträger am besten passt."
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Dallingers Pendant in der "TechnologieRegion Karlsruhe" ist der Oberbürgermeister der Fächerstadt, Frank Mentrup. Er hob hervor, dass Konzepte von morgen "auf gleichem Raum" angeboten werden müssten: "Wir müssen mit dem Platz auskommen. Mehr Raum für Mobilität ist nicht darstellbar - egal, ob auf der Schiene oder der Straße." Und klar sei auch, dass die künftige Mobilität nur im Zusammenspiel von Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand zu machen sei.
Für Norbert Barthle eröffnen neue Mobilitätsformen und die digitale Vernetzung der Verkehrsträger "enorme Möglichkeiten". Eine Grundlage dafür sei der flächendeckende Ausbau des Breitbandnetzes: "Es ist Aufgabe der Politik, dass hier keiner auf der Strecke bleibt", so der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Für den ÖPNV sah er Chancen. Dieser könne Basis des Stadt- und Regionalverkehrs bleiben. Allerdings bedürfe es hierfür der besseren Vernetzung der Dienstleistungen. Fahrplananzeigen und Auskünfte sowie die Ticketbuchung und -bezahlung müssten zum Beispiel über Apps möglich sein.
Für die Automobilindustrie sah Barthle rosige Zeiten. Schon jetzt sei sie bei der Entwicklung des autonomen und vernetzten Fahrens vorne: "Da sind wir Patentweltmeister". Zudem werde die Zukunft der Mobilität dadurch sicherer: "90 Prozent der Unfälle sind auf menschliches Versagen zurückzuführen. Das wird der Vergangenheit angehören", so der Staatssekretär. Sein Fazit: Die Zukunft des Fahrens ist elektrisch, automatisiert und digitalisiert.
Diese Zukunft kommt frühestens nach dem Jahr 2020, wie Daniel Hobohm aus der Sparte Intelligente Transportsysteme bei Siemens prognostizierte. Er sah die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten des autonomen Fahrens: "Entsprechend viele unterschiedliche Fahrzeuge kann es geben." Im Auto selbst sah Hobohm kein effizientes Verkehrsmittel. Auch das jeder sein eigenes Auto fährt, also der Individualverkehr, sei keine Lösung mehr. Wohl aber ein ÖPNV, der flexibel auf Kundenwünsche reagiert.



