Von Stefan Zeeh
Ilvesheim. Das Wetter über Ostern hätte auch ganz anders sein können: Dauerregen und einsetzende Schneeschmelze. Die Bäche wären angeschwollen und über die Ufer getreten, so dass Menschen aus den verschiedensten Notlagen hätten gerettet werden müssen. Das war das Ausgangsszenario für die viertägige Übung "96 Stunden - Die Osterflut von Weinheim" der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).
"Nach den Hochwässern von Oder und Elbe in den vergangenen Jahren hat man erkannt, dass es Defizite bei der Rettung von Personen aus Überflutungsgebieten gibt", erläuterte Torsten Ahl von der DLRG Mannheim den Hintergrund für die ungewöhnliche Aktion mit insgesamt 30 Helfern von DLRG, Feuerwehren und Technischem Hilfswerk (THW) aus Deutschland und Polen. Bei Hochwässern ist die Strömung manchmal so stark, dass eine Rettung mit Schlauchbooten nicht möglich ist. Dann kommen die sogenannten Strömungsretter der DLRG zum Einsatz, die Kenntnisse über strömende Gewässer kombiniert mit Seil- und Bergungstechniken besitzen.
Als Übungsobjekt hatte Matthias Starker von der DLRG-Ortsgruppe Weinheim bereits vor einigen Jahren ein altes Fahrzeug ausgeschlachtet, so dass nur die Karosserie übrig blieb. Diese wurde jetzt von zehn Mann unterhalb der Ilvesheimer Neckarbrücke in der kräftigen Strömung des Flusses abgesetzt. Zwei Freiwillige nahmen in dem "Fahrzeug" Platz, um sich retten zu lassen.
"Zwei Meter pro Sekunde beträgt hier die Strömungsgeschwindigkeit", weiß Matthias Starker zu berichten. Da hat selbst ein guter Schwimmer Probleme, dagegen anzukommen. Deshalb sprangen die Helfer etwa 20 Meter oberhalb des im Fluss liegenden Autowracks in den rund zehn Grad kalten Neckar. Blitzschnell wurden sie von der Strömung erfasst, und wäre da nicht eine helfende Hand von einem Kollegen gewesen, wäre mancher der Übungsteilnehmer an der "Unglücksstelle" vorbeigetrieben.
Dadurch entstand allerdings keine Gefahr für die Lebensretter, denn mit den Tücken der Strömung umzugehen, sind sie gewohnt. "Im 45-Grad-Winkel aus der Strömung rausschwimmen", erklärt Matthias Starker die Technik. Viel gefährlicher sind Gegenstände aller Art, die von unachtsamen Menschen in den Neckar geworfen wurden.
So holten im Laufe der Übung die Helfer zwei Eisenstangen und eine Autobatterie aus dem unmittelbaren Umfeld des Übungsgeländes aus dem Fluss. Die "Rettung" der beiden im Fahrzeug Eingeschlossenen ging dann unspektakulär und professionell über die Bühne. Bald saßen die beiden aber wieder im Autowrack, denn es sollten verschiedene Rettungstechniken geübt werden.
Gar nicht so nass wurde dagegen die Strömungsretterin Lisa Krapf an diesem Ostersamstag. "Ich habe heute meinen trockenen Tag", berichtete sie lachend über einen weiteren Übungsteil, bei dem es um die simulierte Rettung verletzter Personen von einer vom Hochwasser eingeschlossenen Landzunge ging. Unterhalb der Neckarbrücke wurde dafür eine Art Seilbahn gespannt, mit der Helfer und "Verletzte" hin und her transportiert werden konnten.
So wurden Techniken der "Spezialrettung aus Höhen und Tiefen", für die Axel Manz von THW in Bendorf zuständig war, an die "Strömungsretter" weiter gegeben. Denn der Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen Gruppen war ebenso ein zentrales Anliegen der erstmalig in dieser Form abgelaufenen Übung.