Die Lage hat sich "dramatisch verbessert": Hebesatz der Kreisumlage wird nun doch nicht erhöht
Zahlreiche Städte und Gemeinden zahlen im kommenden Jahr dennoch mehr an den Rhein-Neckar-Kreis.

In der Kreiskasse sieht es derzeit sehr ordentlich aus. Symbolbild: dpa
Von Stefan Hagen
Sinsheim/Rhein-Neckar. Das hört sich doch richtig gut an: Ging man im Oktober nach der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für 2017 in den Rathäusern der 54 Städte und Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises noch davon aus, dass die sogenannte Kreisumlage um einen Prozentpunkt steigen wird, kann man nun durchatmen. Der Hebesatz der Umlage bleibt stabil bei 29,5 Prozent. Dies wird der Kreistag mit großer Mehrheit im Rahmen seiner heutigen Sitzung in Sinsheim-Steinsfurt beschließen.
Dem Kreis fehlen dadurch im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr Einnahmen in Höhe von knapp 4,4 Millionen Euro. Die Landrat Stefan Dallinger freilich verschmerzen kann - schließlich verbucht der Kreis beim Finanzausgleich ein Plus von rund sieben Millionen Euro. Zudem hat man 2016 ordentlich gewirtschaftet - rund 17 Millionen Euro dürften in die Rücklage fließen und dem Kreis ein ordentliches Polster für schlechtere Zeiten verschaffen.
Dennoch hört man keinen Jubel aus dem Landratsamt: Hohe Ausgaben bei der Jugend- und Sozialhilfe werden kräftig am Ersparten knabbern. Auch bei den Investitionen - Weinheimer Betreuungszentrum und Anschaffung der ehemaligen Polizeidirektion - wird in den kommenden Jahren ein ordentlicher Batzen fällig. Zur Erläuterung: Die Kreisumlage ist eine der wichtigsten Geldquellen des Rhein-Neckar-Kreises. Dabei überweisen die Städte und Gemeinden nach der jeweiligen Steuerkraft einen Teil ihrer Einnahmen an den Kreis. Entscheidend für die Berechnung ist der sogenannte Hebesatz der Umlage, der bei 29,5 Prozent liegt. Für die Errechnung der Kreisumlage 2017 wird die Steuerkraft der Städte und Gemeinden aus dem Jahr 2015 herangezogen.
Und da die Steuerkraft der Kommunen 2015 erfreulich hoch war, zahlen viele Städte und Gemeinden 2017 mehr an den Kreis - obwohl der Hebesatz der Umlage unverändert bleibt. Als Beispiel sei hier Eppelheim genannt: Fast 2,6 Millionen Euro muss die Stadt 2017 für die Kreisumlage mehr aufwenden als im laufenden Jahr.
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"Aber man sollte wirklich nicht jammern", sagt Kreisrat Dietrich Herold (FDP) mit Blick auf die Gesamtsituation. Damit möchte er wohl dezent daraufhin weisen, dass die Städte und Gemeinden natürlich auch mehr Geld eingenommen haben. Sieht man einmal von "Ausreißern" wie Walldorf und St. Leon-Rot ab, die aufgrund ihrer gesunkenen Steuerkraft rund 13 Millionen beziehungsweise 1,9 Millionen Euro weniger zahlen.
Und was sagen die Fraktionen zu diesen "Neuigkeiten" in Sachen Kreisumlage? > Bruno Sauerzapf, CDU-Fraktionsvorsitzender: "Der Landrat hat zugesagt, dass er uns positive Entwicklungen sofort mitteilen wird. Und er hat Wort gehalten", sagt Sauerzapf. Der Christdemokrat spricht damit die besseren Zahlen im laufenden Haushaltsjahr und die höheren Beträge an den Rhein-Neckar-Kreis im Rahmen des Finanzausgleichs an. Die Lage habe sich "dramatisch verbessert", betont der frühere Bürgermeister von Leimen. Und dieser Überschuss werde jetzt sinnvoll verwendet, indem der Hebesatz der Umlage stabil gehalten wird. Ohne diese beiden Faktoren wäre es allerdings wohl nur schwer möglich gewesen, den Hebesatz auf der aktuellen Höhe zu belassen.
> Ralf Göck, SPD-Fraktionsvorsitzender: Der Landrat habe ja bereits im Vorfeld Signale einiger Fraktionen bekommen, dass eine Erhöhung der Kreisumlage nicht wünschenswert sei, betont Göck. Schließlich habe sich beim Kreis im laufenden Haushaltsjahr "eine Menge Geld angesammelt". Die Sozialdemokraten hätten sich aber auch eine Senkung des Hebesatzes um 0,5 Prozentpunkte vorstellen können, merkt der Brühler Bürgermeister süffisant an. Ein Lob gibt es von Göck für Landrat Stefan Dallinger: Er habe sich beim Thema Personal in puncto Neueinstellungen "sehr flexibel gezeigt".
> Hans Zellner, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler: "Wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass wir eine deutliche Erhöhung der Kreisumlage nicht mittragen werden", sagt der Bürgermeister von Wilhelmsfeld. Nun freue man sich über "glückliche Umstände" - also bessere Zahlen im laufenden Haushaltsjahr und höhere Zuweisungen. Deshalb trage man die Beibehaltung des Hebesatzes mit. Besorgt würden die Freien Wähler allerdings auf die Entwicklung beim Personal des Kreises blicken. Und auch das Tempo bei den Investitionen sei so nicht mehr darstellbar.
> Ralf Frühwirt, Fraktionsvorsitzender der Grünen: "Nicht nur der Kreis, sondern auch die Kommunen profitieren von der derzeit sehr guten Konjunktur und den hohen Zuweisungen des Landes", sagt Frühwirt. Die Kommunen des Rhein-Neckar-Kreises seien mit dem immer unter dem Durchschnitt liegenden Hebesatz in den letzten Jahren sehr gut gefahren, während der Kreis bei der Pro-Kopf-Verschuldung zu den höchst verschuldeten Kreisen im Land gehöre. "Daher werden wir den Antrag stellen, den Hebesatz der Kreisumlage um 0,5 auf 30 Punkte zu erhöhen", betont Frühwirt.
> Dietrich Herold (FDP): "Im Frühjahr hätten wir mit einer Erhöhung der Kreisumlage um 0,5 Prozentpunkte leben können", sagt der Liberale. Man habe aber stets die Hoffnung gehabt, dass sich die Ertragslage bessern werde. Dies sei ja nun eingetreten. "Deshalb stimmen wir für die Beibehaltung des aktuellen Hebesatzes", betont Herold. Gleichzeit versichert er, dass sich die FDP weiter für den Abbau der Schulden einsetzen werde. Mit einer moderaten Neuverschuldung des Kreises könne man aber leben. "Das ist alles eine Frage der Konditionen", sagt Herold.
> Edgar Wunder, Fraktionsvorsitzender der Linken: Auch die Linken sprechen sich wie die Grünen für eine maßvolle Erhöhung des Hebesatzes aus. Und zwar um genau 0,4 Prozentpunkte. Für diese ungerade Zahl hat Fraktionsvorsitzender Wunder folgende Erklärung: "Das wären rund 3,7 Millionen Euro mehr in der Kreiskasse. Damit halten wir die Gesamtschulden unter 100 Millionen Euro, die diese Grenze sonst übersteigen würden."



