Der Kältebus ist wieder unterwegs

Mitarbeiter der Wohnungslosenhilfe klappern nachts die Schlafplätze von Obdachlosen ab

08.02.2012 UPDATE: 08.02.2012 08:40 Uhr 1 Minute, 41 Sekunden
Von Gerhard Bühler

Während bei der anhaltenden Kältewelle derzeit die meisten Menschen schon nach einem halbstündigen Spaziergang anfangen zu bibbern, gibt es auch in Mannheim noch eine geringe Zahl von Wohnsitzlosen, die bei zweistelligen Minustemperaturen an bestimmten Plätzen im Freien schlafen. Obwohl es im städtischen Übernachtungsheim noch freie Betten gibt, ziehen die Unerschrockenen das Leben "in freier Natur" vor. Alle übrigen haben offenbar irgendwo bei Bekannten oder Verwandten einen Unterschlupf gefunden. Bei etlichen Grad unter null kann so viel Freiheitsdrang lebensgefährlich sein. Zuletzt waren in Mannheim vor zwei Jahren in einem ähnlich strengen Winter zwei Obdachlose erfroren. Kurz vor Weihnachten 2009 war bei minus 15 Grad ein 46 Jahre alter Mann tot in der Nähe des Hauptbahnhofes gefunden worden. Er hatte an einer abgelegenen Stelle mit anderen an einem ausgiebigen Zechgelage teilgenommen und war eingeschlafen. Ein zweiter Obdachloser wurde im Januar 2010 im Stadtteil Waldhof gefunden. Er hatte sich einen Schlafplatz auf dem Balkon eines leer stehenden Hauses gesucht und war unbemerkt von anderen Menschen der Kälte zum Opfer gefallen.

Trotz der beißenden Kälte verbringt auch in diesem Februar immer noch eine Handvoll Hartgesottener die Nacht im Freien, wie Hubert Ogon von der städtischen Wohnungslosenhilfe bestätigt. Die Zahl der auf der Straße lebenden Personen wird normalerweise auf mindestens 20 geschätzt. "Im Moment sind noch zwei bis drei Männer draußen, vielleicht auch noch mal zwei, deren Platz wir nicht kennen", vermutet der Sachgebietsleiter.

Bei Erreichen der Null-Grad-Grenze fährt jeden Abend der "Kältebus" los, um nach den Wohnsitzlosen zu sehen und mit einer heiße Tasse Tee oder einer Decke zu helfen. Besetzt mit zwei Mitarbeitern kommt der Kleinbus bei seiner Runde an rund 15 "Platten" vorbei, wie die gern benutzten Schlafplätze etwa an Brücken und städtischen Parks genannt werden. Derzeit sind die "Platten" verlassen, bis auf wenige Ausnahmen.

"Viele dieser Männer sind schon Jahre draußen, die sind gut ausgestattet", berichtet Ogon von der Abneigung dieser Menschen gegenüber jeder Art von staatlicher Betreuung. Wenn durch den Alkohol die Kälte nicht mehr gespürt werde, könne ein Fehler aber schnell tödlich enden, beschreibt er das größte Risiko.

Das städtische Übernachtungsheim ist derzeit zwar gut belegt, aber nicht voll. Die Zahl der Menschen ohne festen Wohnsitz hat sich in den letzten Jahren verringert. Gründe seien wohl die bessere Sozialarbeit und die zahlreichen Hilfsangebote zusammen mit den freien Trägern, meint Ogon. Neben der Stadt kümmern sich die evangelische Kirche und der Caritasverband um die Wohnungslosen. Männer- und Frauenwohnheime wie das evangelische Haus Bethanien bieten eine längerfristige Bleibe oder gar ein möbliertes Zimmer. Tagsüber und selbstverständlich nachts ist die städtische Übernachtungsstelle in der Bonadiesstraße geöffnet.

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