Bundesgartenschau Mannheim

Der Weg für Grünzug und Buga ist frei

Mannheimer Gemeinderat verabschiedete am gestrigen Dienstag Leitentscheidung - Kleingärtner protestierten vergebens

23.05.2017 UPDATE: 24.05.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden

Nach kontroverser Debatte hat der Gemeinderat seine historische Entscheidung mit 30 zu 16 Stimmen getroffen. Foto: Gerold

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Sie haben noch einmal alles mobilisiert - doch es ist ein aussichtsloser Kampf: Mit grünen Protestshirts und dem Slogan "Wir wollen unsere Gärten nicht für die Buga opfern", großen und kleinen Transparenten, lauten Buhrufen und dem gemeinsam vorgetragenen Karnevalslied "Wer soll das bezahlen?" protestieren am Dienstagnachmittag rund 50 Menschen vor dem Ratssaal gegen die Bundesgartenschau 2023 (Buga). Ihr Sprecher beschimpft den vorsichtshalber von zwei Polizisten geschützten Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz und wirft ihm Lügen vor. Das Stadtoberhaupt kontert gelassen: "Wut ersetzt keine Argumente".

Zwei Stunden später lassen die Demonstranten die Köpfe sinken, während Kurz Interviews gibt. Exakt um 18.12 Uhr hat der Gemeinderat nach kontroverser Debatte mit 30 zu 16 Stimmen eine historische Entscheidung getroffen, den Weg für den Grünzug Nordost und die Buga als "Motor" der Stadtentwicklung frei gemacht.

Noch vor einer Woche stand das Großprojekt auf der Kippe. Kurz vor der Sitzung des Hauptausschusses hatte die CDU einen Antrag mit einer Reihe von neuen Forderungen eingereicht. Nicht mal zu einer Abstimmung konnte sich das Gremium durchringen - der sichtlich konsternierte OB appellierte an die Parteien, Gespräche zu führen.

Und die haben gefruchtet. Die CDU-Fraktion sieht jetzt ihre Wünsche weitgehend erfüllt und kündigt bereits am Montagabend an, dem überarbeiteten Leitkonzept grünes Licht zu geben. Lediglich Stadtrat Bernd Kupfer votiert dagegen. Damit können die Verwaltung und das Planungsbüro "RMP-Stephan Lenzen" nun richtig loslegen. Die Kosten für den Grünzug werden auf 106,5 Millionen Euro gedeckelt, der städtische Zuschuss für die Buga auf 6,8 Millionen Euro. Im Gegenzug erhofft sich das Rathaus Fördermittel des Landes von mindestens 40 Millionen Euro.

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Der sich auf 220 Hektar erstreckende Grünzug soll vom Stadtrand aus das Zentrum mit kühler Luft versorgen. Eine durchgehende Frischluftschneise ist aber nur möglich, wenn das Gelände der Spinelli-Kaserne entsiegelt wird. Darauf und im Luisenpark wird dann in sechs Jahren die Buga spielen.

Die 180 Tage dauernde Leistungsschau dient zwei Zielen: Sie ist erstens ein entscheidendes Argument, Spinelli vom Bund zu erwerben, und sichert zweitens Fördermittel. Konkrete Pläne gibt es noch nicht, mit einem Ausstellungskonzept ist erst 2020 zu rechnen. Das gegenüber von Spinelli liegende Landschaftsschutzgebiet Feudenheimer Au ist als Austragungsort vom Tisch.

Kurz betont, es werde mit dem Beschluss kein Baurecht geschaffen, sondern politische Leitlinien. Zugleich macht er deutlich, dass er weder beim Grünzug noch bei der Buga weitere Abstriche akzeptieren will. Das Projekt dürfe nicht weiter kleingeredet werden und müsse erkennbar bleiben. Der Fraktionschef der SPD, Ralf Eisenhauer, wirft den Gegnern "kleingeistige Debatten" in der Vergangenheit vor, CDU-Sprecher Claudius Kranz verspricht, die "finanziellen Risiken" minimal halten zu wollen. Deshalb haben die Christdemokraten durchgesetzt, dass der Erwerb von Spinelli - der ist nicht im Grünzug-Etat enthalten - durch den Verkauf von Grundstücken auf dem Gelände gegenfinanziert wird.

An den Rändern sollen auf 26 der insgesamt 80 Hektar "attraktive Wohnformen" mit "anspruchsvoller Architektur" für sämtliche Schichten entstehen. Das restliche Areal bleibt unbebaut und kann im Gegensatz zum Luisenpark kostenlos zu Fuß oder mit dem Rad entdeckt werden. In den sogenannten Parkschalen planen die Architekten Flächen zum Verweilen, für Sport und Spiel.

Andere Stadträte üben deutliche Kritik. "In den letzten Jahren ist kein einziges Großvorhaben im Kostenrahmen geblieben", warnt Achim Weizel, der Fraktionsvorsitzende der Mannheimer Liste. Zufrieden zeigt er sich hingegen, dass für die Erweiterung und Sanierung des Luisenparks bis 2023 insgesamt mindestens 15 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Volker Beisel von der FDP hält den Grünzug auch ohne Buga für möglich. Die Grünen sind gespalten, ihr Sprecher Dirk Grunert nennt Pro und Kontra. Ärgerlich findet er, dass über den geplanten und hoch umstrittenen naturnahen See in der Au noch nicht diskutiert worden ist.

Die Buga-Gegner auf der Tribüne applaudieren immer wieder bei kritischen Beiträgen - auch wenn das laut Geschäftsordnung untersagt ist, wie Kurz nicht müde wird zu betonen. Sieben bis zehn Kleingärten könnten einem Radschnellweg zum Opfer fallen. Perspektivisch kann sich die Zahl auf fünf Dutzend erhöhen. Ein Kleingärtner will nicht aufgeben:"Da mache ich nicht mit, notfalls kette ich mich an."

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