Nur der Pfalzbau verfügt über eine ausreichend große Bühne und die technische Ausstattung, um das Mannheimer Repertoire adäquat aufführen zu können. Foto: Gerold
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Die Generalsanierung des Nationaltheaters soll im Herbst 2022 beginnen. Das klappt aber nur, wenn bis dahin die Ersatzspielstätten für die Sparten Schauspiel, Oper und Tanz zur Verfügung stehen. Dass es sich dabei um das ehemalige Kino auf dem Franklin-Gelände, den Pfalzbau in Ludwigshafen, das Rokokotheater in Schwetzingen, den Musensaal im Rosengarten und eine temporäre Spielstätte hinter dem Technoseum handelt, hat die RNZ bereits berichtet. Am Dienstag stellten Marc Stefan Sickel, der geschäftsführende Intendant des Nationaltheaters, und Marcus Augsburger, der Leiter der Geschäftsstelle Generalsanierung, im Kulturausschuss das Konzept der Ersatzspielstätten und die Kosten vor. Derzeit gehen sie von einem Sanierungszeitraum von fünf Jahren aus. Die Miet- und Investitionskosten für diesen Zeitraum betragen 33,1 Millionen Euro.
> Franklin-Kino: Das Kino auf dem Konversionsgelände Franklin soll als Ausweichquartier für die Sparten Schauspiel und Tanz dienen. Es liegt nahe am Eingang des Geländes am Platz der Freundschaft und ist somit gut mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen. Genügend Parkplätze sind ebenfalls vorhanden. Das Gebäude fasst die Bühne und einen Saal für 400 Besucher. Durch Anbauten in Modulweise entsteht Platz für ein Foyer, einen Gastrobereich und die Hinterbühne mit Sanitäranlagen und Umkleiden für die Künstler. Die nötigen Bauarbeiten übernimmt die städtische Projektgesellschaft MWSP, die für die Erschließung der Konversionsflächen zuständig ist. Diese fungiert auch als Vermieterin. Nach der Sanierung kann das Kino als Raum für kulturelle Veranstaltungen weiterhin genutzt werden. Für die nötige Ertüchtigung und die Miete fallen Kosten von circa 10,1 Millionen Euro an.
> Pfalzbau: Als Ersatzspielstätte für die großen Werke des Mannheimer Repertoires der Sparten Oper und Tanz mit Orchester war der Pfalzbau schon seit Beginn der Planungen im Gespräch. Er verfügt als einzige Spielstätte in der Nähe über einen Bühnenturm, eine ausreichend große Bühne und die technische Ausstattung, um zusätzlich zum klassischen Musik- und Tanztheater auch das Mannheimer Repertoire aufführen zu können. Die Verhandlungen gestalteten sich jedoch nicht einfach. Jetzt haben sich beide Städte auf Belegungszeiträume und Mietkosten geeinigt (die RNZ berichtete). Die 108 Belegungstage verteilen sich auf zwei Zeitblöcke pro Jahr: vom 1. September bis zum 10. Oktober und vom 2. Januar bis zum 10. März. Da dies aber auch Probentage beinhaltet, rechnet Marc Stefan Sickel mit 35 bis 40 Spieltagen pro Spielzeit. Vereinbart wurde eine Jahresnettomiete in Höhe von 850.000 Euro. Hinzu kommen jährlich 105.000 Euro für das Personal für Bühnen- und Lichttechnik des Pfalzbaus. Aufgrund des limitierten Zeitraums sind die Anmietung von zwei weiteren Ausweichquartieren und die Errichtung einer temporären Spielstätte für Oper und Tanz nötig.
> Rokokotheater: Der Schwerpunkt des Opernprogramms im Rokokotheater soll einen Mozart/Da-Ponte-Zyklus, Werke aus dem Barock sowie Stücke der Moderne umfassen. Mit der Geschäftsführung und Schlossverwaltung in Schwetzingen hat man sich auf drei Terminblöcke zur Nutzung geeinigt: von Anfang September bis Ende Oktober, von Anfang Februar bis Mitte März und von Anfang Juni bis Ende Juli. "Das wären etwa 18 Vorstellungen pro Spielzeit", erklärte Augsburger. Die Mietkosten betragen 225.000 Euro.
> Musensaal: Ein konzertantes Programm sowie Familienstücke sollen im Musensaal des Rosengartens aufgeführt werden. Auch hier sind drei Zeitblöcke mit drei bis fünf Aufführungen pro Block vorgesehen. Die Miete beträgt 1,2 Millionen Euro.
> Spielstätte auf dem Oktoberfestplatz: Auf der Wiese hinter dem Technoseum, wo normalerweise das Oktoberfest stattfindet, soll eine Leichtbauhalle errichtet werden. Entstehen soll ein Spielort für 800 Zuschauer mit Bühne, Hinterbühne, Foyer und Gastrobereich. Hier sollen die Neuproduktionen der Sparten Oper und Tanz gezeigt werden. Ob die Leichtbauhalle gemietet oder gekauft wird, muss der Gemeinderat entscheiden. Dies hänge auch davon ab, ob beabsichtigt werde, die Stätte nach der Generalsanierung weiterhin für Veranstaltungen nutzen zu wollen, gab Sickel zu bedenken. Der Oktoberfestplatz sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen, und Parkplätze seien vorhanden, fügte Marcus Augsburger hinzu. Die Kosten liegen bei etwa 17, 3 Millionen Euro.
> Kosten der Generalsanierung: Ein Generalunternehmer wird nicht beauftragt, die Gewerke werden paketweise vergeben, wie Sickel erklärte. Somit wird der Präferenz der Fördermittelgeber – Bund und Land – Rechnung getragen. Die Sanierungskosten werden mit 287 Millionen Euro veranschlagt. Davon entfallen 40 Millionen Euro auf den Bau eines Zentrallagers im Handelshafen sowie den Ausbau des Probenzentrums Neckarau, um genug Probebühnen und einen Orchesterprobensaal während der Sanierung vorhalten zu können. 120 Millionen Euro finanzieren Bund und Land, den Rest muss die Stadt schultern. Dazu kämen dann die 33,1 Millionen Euro für die Ersatzspielstätten. Die Entscheidung dazu fällt der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung am 22. April.