Von Harald Berlinghof
Mannheim."Gelegenheit macht Diebe", sagt der Volksmund. Auch Richterin am Amtsgericht Lena Hensel hat dem angeklagten Beamten der Mannheimer Wasserschutzpolizei zugestanden, dass "das System der Geldbehandlung es ihm besonders leicht gemacht habe", insgesamt 2300 Euro zu unterschlagen.
Trotzdem verurteilte sie ihn wegen vierfacher "veruntreuender Unterschlagung" zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Der Polizeibeamte hatte von EU-fremden Lkw-Fahrern im Hafengebiet so genannte Sicherheitsleistungen verlangt, sie aber nicht bei der Bußgeldkasse eingezahlt. Er behauptete, sie seinem Dienstgruppenleiter in bar gegeben zu haben. Ohne eine Quittung dafür bekommen zu haben.
In drei Verhandlungstagen hatte es ein hartes verbales Ringen zwischen Richterin und Rechtsanwalt gegeben. Zurechtweisungen, Repliken, ein Befangenheitsantrag gegen die Richterin, Vertagung, Zurückweisung des Antrags, zusätzliche Beweisanträge, deren Sinn sich zumindest teilweise nicht erschloss, nochmalige Vertagung. Die Stimmung im Gerichtssaal war alles andere als vorweihnachtlich.
Auf dem Umstand, dass niemand sagen könne, wo das Geld geblieben sei, basierte schließlich auch die Verteidigungsrede von Rechtsanwalt Holger-C. Rohne. Es habe zu jener Zeit, in den Jahren 2016 und 2017, keine Dokumentationspflicht bezüglich der Weitergabe des Geldes gegeben. "Der Erhalt des Geldes ist nicht belastbar dokumentiert. Auch nicht die Weitergabe. Die Gewahrsamskette – also wer, wann das Geld in Gewahrsam genommen hat – verliert sich an dieser Stelle", so der Anwalt. "Wer wo wann was von wem erhalten hat, müssten wir eigentlich feststellen, um die Wahrheit zu finden. Wenn wir das nicht können, spricht der Zweifel für den Angeklagten. Und deshalb ist der Angeklagte frei zu sprechen", so der Anwalt weiter.
Die Staatsanwältin hatte dagegen zuvor in ihrem Plädoyer ein planmäßiges Vertuschen der Angelegenheit durch den Angeklagten gesehen und bei ihm sogar "eine hohe kriminelle Energie" erkannt. Sie hatte deshalb eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten gefordert. Gegen eine Aussetzung zur Bewährung hatte sie große Bedenken angeführt, obwohl sie die Sozialprognose des Angeklagten positiv bewertete.
Die Richterin folgte in ihrem Urteil und ihrer Argumentation weitgehend der Staatsanwältin und betonte, dass der Umstand erschwerend hinzu komme, "dass ein Polizeibeamter seine Position so ausgenutzt hat. Dadurch wird das Vertrauen der Bevölkerung schwerwiegend erschüttert", sagte sie. Und in ihrem Schlusswort setzte sie noch einmal das verbale Gefecht mit dem Rechtsanwalt fort: "Ihre Verteidigungsstrategie, Herr Anwalt, war nicht nachvollziehbar und nicht verfahrensfördernd". Gemeint waren offenbar die zahlreichen Fragen an Zeugen, deren Sinn sich auch vielen Zuhörern nicht erschloss.
Gemeint war aber möglicherweise auch der Befangenheitsantrag des Rechtsanwalts gegen die Richterin und auch die Beweisanträge unter anderem zur Anhörung eines weiteren Zeugen. Der Anwalt wiederum sah sich schlecht informiert und viel zu kurzfristig über Termine und Zeugenerscheinen in Kenntnis gesetzt.
Der Angeklagte selbst verzichtete schließlich auf ein Schlusswort. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt eine Woche, um Revision einzulegen. Ob das geschieht, wussten Anwalt und Angeklagter am Freitag noch nicht. Falls es rechtskräftig wird, droht dem Wasserschutzpolizisten die Entlassung und der Verlust seines Beamtenstatus.