Zieht in seiner Show Prominente anhand ihrer Social-Media-Aktivitäten durch den Kakao: Oliver Pocher. Foto: Gerold
Von Stefan Otto
Mannheim. Oliver Pocher ist ein Kind des Fernsehens, aber längst auch im Internet zu Hause. Auf der Bühne hingegen ist er mittlerweile seltener zu erleben. Jetzt ist er aber wieder auf Tour und demonstrierte im nahezu ausverkauften Mannheimer Capitol wie Facebook, Instagram oder Tinder funktionieren. "pocher socialmediabitch" heißt sein aktuelles Programm. Pocher, einst Gastgeber der "Oliver Pocher Show" oder Quizmaster bei "Fünf gegen Jauch", hat derzeit keine eigene TV-Sendung, dafür einen YouTube-Kanal. Er twittert und ist auf Snapchat, Facebook und Instagram aktiv. "Wir sind online, wir benutzen Apps", erklärt der 40-Jährige in seinem Programm für Junge und Junggebliebene. "Ich sehe einige ältere Herrschaften, die sich fragen, wo bin ich hier", sagt der Comedy-Influencer im Capitol, als er Besucher jenseits des Altersdurchschnitts entdeckt. "Die alten Leute haben kein Instagram, die haben ARD und ZDF."
Er schnappt sich die Smartphones zweier jüngerer Freiwilliger und projiziert deren Instagram-Accounts auf eine Leinwand. Für "Insta", erklärt Pocher, brauche es nicht viel. "Du musst nur gut aussehen, und wenn nicht, gibt’s Filter." Er braucht nur die Fotos von Hanna aus Baden-Baden oder Christian aus Sulzbach zu präsentieren und die zugehörigen Hashtags zu verlesen, um zahllose Ansatzpunkte für Sticheleien oder bissige Kommentare zu finden. Dabei hält er sich in Anwesenheit seiner "Opfer" eher zurück, wird aber durchaus gehässig und zynisch, wenn er die öffentlichen Profile mehr oder weniger prominenter, junger Damen von Sylvie Meis bis Victoria Swarowski vorstellt und auseinandernimmt.
"Bei Instagram geht es auch viel ums Essen", erläutert er und erörtert jene zahllosen Fotos, die etwa Restaurantbesucher vor der Mahlzeit von ihren vollen Tellern machen. "Jetzt wissen Sie auch, warum Instagram in Afrika nicht so erfolgreich ist." Oliver Pochers Humor ist keineswegs hintersinnig, sondern direkt und gern laut. Er lässt keinen Gag aus, ist nicht versöhnlich, sondern bitterböse und überschreitet die Grenze zur Beleidigung bedenkenlos. Sein Witz ist Angriff, und der fordert Opfer. Zum Lachen reizen seine Provokationen und besonders seine Schlagfertigkeit und spontanen Einwürfe gleichwohl.
Eine Tanja im Publikum ist so leichtsinnig, dem Comedian ihr Smartphone auszuhändigen, damit er anhand ihres Accounts die Dating-App Tinder vorstellen kann. Mindestens ebenso sehr wie die kommerzielle App, die zur Anbahnung von Flirts bis zur Vereinbarung von unverbindlichem Sex eingesetzt werden kann, führt Pocher die Naivität der Anwenderin vor, indem er Anzügliches in ihr Profil tippt und ohne weitere Umschweife Herzchen und Einladungen an willige männliche Interessenten verschickt. "Wundert mich gar nicht, dass du Single bist", meint er und kürt Tanja zur "Tinderella des Tages". Am Ende erhält die junge Frau eine kleine Geschenktüte, eine Geste der Versöhnung, die aber nicht ausreiche, wieder gutzumachen, was Pocher ihr angetan habe, wie sie erklärt. Einen Anstoß, über Dating-Apps wie Tinder nachzudenken, hat Pocher mit seiner Vorführung dennoch gegeben.
Seine angstlose, Blessuren und Verletzungen nicht scheuende Kommunikation mit dem Publikum macht das Besondere seiner Show aus. Etwas schwächer zeigt Pocher sich als Stand-up-Comedian, der aus seinem Leben erzählt. Da sind andere ihm überlegen. Aber auch da teilt er rückhaltlos aus. Seine neue Freundin, das Model Amira Aly, hat ägyptische Wurzeln und kommt aus Klagenfurt. Er habe sie an Silvester auf der Kölner Domplatte kennengelernt, sagt Pocher in Anspielung auf die sexuellen Übergriffe am Ort.
Doch es geht noch eine Stufe weiter unter die Gürtellinie: Sein Comedy-Abend in Mannheim sei letztlich eine Charity-Veranstaltung zugunsten der Sandy-Meyer-Wölden-Stiftung, die 50 Prozent der Einnahmen erhalte, erzählt Oliver Pocher in Bezug auf seine zurückliegende Ehe und die 2013 erfolgte Scheidung. "Den Kindern geht’s gut", verlautbart der Comedian im Capitol. "Die sitzen draußen im Auto. Wenn Sie wollen, nehmen Sie sich eins raus", bietet er freimütig an. "Die Sandy macht ja immer neue nach."