Pfalzbau. Archivfoto: Alfred Gerold
Von Alexander Albrecht
Unüberhörbare Misstöne begleiten die sich seit zwei Jahren hinziehenden Gespräche zwischen den Nachbarstädten Mannheim und Ludwigshafen rund um den Pfalzbau. Dort will das Nationaltheater seine Opernproduktionen aufführen, wenn das Traditionshaus am Goetheplatz generalsaniert wird. Da die Betriebserlaubnis bereits Ende 2022 erlischt, muss bald eine Lösung her. Das ist aber nicht so einfach.
Stadtrat Achim Weizel, zugleich Vorsitzender der Freunde und Förderer des Nationaltheaters, sprach in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses von "unsäglichen Verhandlungen". Noch deutlicher wurde Marc Stefan Sickel. Der geschäftsführende Theaterintendant ächzte, er könne nachvollziehen, dass man seitens der Stadt Mannheim einem Angebot nicht zustimmt, "dass den Tatbestand des Wuchers erfüllt". Schärfer hätte er seine Kritik an den Ludwigshafener Verhandlungsführern nicht formulieren können. In der Schwesterstadt gibt man sich gelassen und will Sickels Aussagen erst gar nicht kommentieren.
Man habe von Anfang Bereitschaft signalisiert, den Pfalzbau als Ersatzspielstätte für das Nationaltheater zur Verfügung zu stellen, teilt eine Ludwigshafener Stadtsprecherin der RNZ mit. Dies sei aber an Voraussetzungen geknüpft. Vor allem müsse gewährleistet sein, dass auch im Theater im Pfalzbau ein "sinnvoller Spielbetrieb" möglich sei.
Unter diesen Vorzeichen habe Ludwigshafen der Stadt Mannheim ein Angebot unterbreitet. Dieses umfasse die tatsächlichen Kosten für eine Nutzung des Pfalzbaus, betont die Sprecherin ohne Details zu nennen. Bislang habe man aber noch keine offizielle Antwort erhalten. Ist es dieses Angebot, das Sickel "Wucher" nennt? In einer knappen Stellungnahme geht die Mannheimer Verwaltung auf Distanz zum Intendanten. "Die im Kulturausschuss getroffene öffentliche Bewertung macht sich die Stadtspitze nicht zu eigen", erklärt eine Rathaussprecherin.
Sobald das Konzept zu den Ersatzspielstätten "in Gänze" fertiggestellt sei, werde die Verwaltung dem Gemeinderat eine Beschlussvorlage präsentieren. Bislang sei mit der Chemiestadt aber noch keine Einigung über den Mietpreis für den Pfalzbau erzielt worden. Während die Mannheimer Sprecherin hierzu erwähnt, man befinde sich in Gesprächen, liegen diese nach Angaben ihrer Kollegin von der anderen Rheinseite wegen der fehlenden Antwort auf das Angebot momentan auf Eis. Ludwigshafen werde den Betrieb des Nationaltheaters aber keinesfalls durch Sonderkonditionen finanzieren. "Dies würde auch die Aufsichtsbehörde angesichts des defizitären Haushalts der Stadt nicht genehmigen", betont die Sprecherin der hoch verschuldeten Kommune.
Dass sich die Sanierungszeit des Nationaltheaters inzwischen auf fünf Jahre verlängert hat, sei eine neue Information, die in die Bewertung mit einfließen müsse. Generell habe man aber für die Situation in der Schwesterstadt Verständnis und hoffe, dass beide Parteien eine Vereinbarung treffen, mit der sie gut leben könnten, so die Sprecherin.
Oberbürgermeister Peter Kurz hatte sich im RNZ-Interview vor einem Jahr optimistisch gezeigt, dass eine Einigung noch 2019 erzielt werde. Falls die Verhandlungen scheiterten, "würde das für das Nationaltheater einen ganz bitteren Einbruch bei den Abonnentenzahlen bedeuten".
Wie Marc Stefan Sickel kann auch der Intendant des Pfalzbau-Theaters, Tilman Gersch, recht bissig sein, wenn es darum geht, eigene Positionen zu verteidigen. Als die Mannheimer im Mai 2018 eine Bühnennutzung in seinem Haus an 180 Tagen im Jahr forderten, verglich er dies mit einer "feindlichen Übernahme". Denn wenn man nicht nur die beträchtliche Zahl der Vorstellungen, sondern auch Auf-, Abbau und Probenzeit für vom Nationaltheater produzierte Stücke mit ein- und die Ferienzeit herausrechne, blieb für das Pfalzbau-Programm weniger als die Hälfte des Jahres übrig.