Essen am Einzeltisch: In drei Schichten mit jeweils 20 Gästen serviert das Team der Vesperkirche Bedürftigen eine Mahlzeit. Foto: Gerold
Von Volker Endres
Mannheim. Mehr Tische, mehr Zeit, weniger Helfer und auch weniger Gäste – mit einem besonderen Hygienekonzept hat die Mannheimer Vesperkirche in der Citykirche Konkordien in R 2 diesmal geöffnet. "Ein Corona-Winter ohne Vesperkirche erschien uns verantwortungslos", hatte Dekan Ralph Hartmann zur Eröffnung erklärt, und Pfarrerin Anne Ressel unterstrich: "Die Not ist größer geworden."
Die 24. Mannheimer Vesperkirche unterscheidet sich gehörig von den Vorgänger-Aktionen. Normalerweise beginnt sie am Dreikönigstag. Aufgrund der Corona-Verordnung müsste der Start um gut eine Woche verschoben werden. Kleines, aber aussagekräftiges Detail ist auch das recht leere Gästebuch. Dort, wo normalerweise viele Menschen ihre Dankbarkeit ausdrücken, sind die Seiten leer. Das liegt zwar auch am späteren Start, aber vor allem am Hygienekonzept, auf das die Pfarrerin aber auch alle anderen ehren- und hauptamtlichen Helfer ständig achten. Das Buch liegt an gewohnter Stelle am Haupteingang des Kirchenschiffs, doch es herrscht kaum Publikumsverkehr.
"Da vorne verteilen wir nur die Vesperbeutel zum Mitnehmen", erklärt Anne Ressel. Beutel für die Gäste, die eine Möglichkeit haben, das Essen in der heimischen Wohnung genießen zu können. "In die Kirche lassen wir nur Leute, die keinen Platz zum Essen haben." Und das zur Entzerrung in drei Schichten, 10.30 Uhr, 12.15 Uhr und 14 Uhr. "Wir achten darauf, dass maximal 20 Gäste gleichzeitig in der Kirche sind." So viele, wie normalerweise an einem der großen Esstische Platz finden.
Die gehören der Vergangenheit an. Viele kleine Tische sind im gesamten Kirchenschiff verteilt. "Normalerweise sind es Einzeltische. In Ausnahmefällen könnten wir auch noch eine zweite Person an den Tisch setzen, aber das war bislang noch nicht nötig", so Ressel. Sie bedauert allerdings, dass so auch vieles von dem verloren geht, was die Vesperkirche ansonsten ausmacht: "Den Gemeinschaftsaspekt können wir in diesem Jahr nicht bieten." Gemeinsame Andachten oder auch das einfache Verweilen auf den Kirchenbänken als Trutzburg gegen die Kälte im Mannheimer Januar? Unmöglich! Und das nicht nur, weil die Bänke aus Platzgründen weiteren Esstischen weichen mussten.
Immerhin: "Das Beratungsangebot haben wir Jahr aufrechthalten können", freute sich Michael Graf, Direktor des Diakonischen Werks Mannheim – also konkrete Hilfe zu Ausländerrecht, zu Wohnungsfragen oder auch alles rund um Wohnraum. "Wir können die Beratungen nur nicht in der Kirche anbieten, sondern weichen dafür in den Diakoniepunkt über die Straße aus", so Graf. Die ganzjährig geöffnete Anlaufstelle ist damit zur festen Außenstelle der Vesperkirche geworden und zugleich Ausdruck dessen, was die Vesperkirche in den vergangenen 23 Jahren geschaffen hat. "Wir haben ein Netzwerk der Hilfe aus verschiedenen Einrichtungen geknüpft", erzählt Anne Ressel.
Sie ist froh, dass dieses Netzwerk die Einrichtung jetzt ein Stück weit trägt – auch wenn es täglich nur 60 statt bis zu 600 Gäste sind, die vom Angebot profitieren. Denn, und auch das ist neu: In diesem Jahr werden alle Essen kostenlos ausgegeben. Es wird lediglich, sofern es denn möglich ist, um eine kleine Spende gebeten. Fest zum Angebot gehört erneut die medizinische Versorgung durch die Johanniter. Die Sanitäter tragen, wie alle in der Vesperkirche, selbstverständlich FFP2-Masken. Neu ist das Wärmezelt im Kirchgarten, in dem sich die Gäste eine halbe Stunde vorab registrieren müssen, ehe sie zu ihrem Platz geleitet werden. "Das hat bis jetzt sehr gut geklappt", befindet Anne Ressel. Sie blickt deshalb optimistisch auf den weiteren Verlauf der Vesperkirche, die am 31. Januar endet. Aber auch wenn bislang alle Vorsichtsmaßnahmen greifen: "Ich hoffe sehr, dass die Vesperkirche unter diesen Bedingungen eine einmalige Ausnahme bleiben wird", so die Pfarrerin.