Oberbürgermeister Peter Kurz bei einer Veranstaltung des World Urban Forums. Foto: Stadt
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Als Teil der deutschen Delegation war Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur bei dem Fachkongress "World Urban Forum 9". Im RNZ-Interview erklärt er, inwieweit sich Mannheim bei dem internationalen Forum präsentieren konnte, welchen Herausforderungen sich Städte auf der ganzen Welt heute stellen müssen und welche Anregungen er für seine Arbeit als Oberbürgermeister mitgenommen hat.
Herr Kurz, Sie waren Teil der deutschen Delegation beim World Urban Forum in Kuala Lumpur. Wie kam es dazu?
Wir pflegen schon seit längerer Zeit einen engen Arbeitskontakt zur Organisation UN-Habitat, die den Kongress organisiert hat. UN-Habitat hat die New Urban Agenda, die Entwicklungsziele für Städte weltweit formuliert, mit vorbereitet. Daran waren wir als Stadt beteiligt. 2016 war unsere Stadt Gastgeberin der Denkwerkstatt "Urban Thinkers Campus", an dem sich Mannheimer Bürgerinnen und Bürger, aber auch internationale Expertinnen und Experten beteiligt haben. Wir haben uns mit Migration befasst, und einiges von dem, was wir festgehalten haben, hat Eingang in die New Urban Agenda gefunden, die bei einer Konferenz von UN-Habitat in Ecuadors Hauptstadt Quito verabschiedet wurde.
Und 2018?
Eineinhalb Jahre später stellt sich die Frage, inwiefern man feststellen kann, ob sich die teilnehmenden Staaten an die Agenda halten, ob sich die Städte positiv entwickeln und wie die Ziele verfolgt werden können. Nach Quito haben wir mit "Mannheim 2030" einen lokalen Leitbildprozess begonnen, in dem es darum geht, die Nachhaltigkeitsziele der UN auf unsere lokalen Zielsetzungen anzuwenden - quasi ein lokales Modell mit Blick auf die globalen Herausforderungen. Das hat Modellfunktion und wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert. Das war für viele Akteure der Konferenz interessant, deshalb waren wir auch Teil der deutschen Delegation.
Mannheim hat im Rahmen des Kongresses drei eigene Veranstaltungen ausgerichtet. Was waren die Themensetzungen?
Dabei ging es einmal um Vielfalt in den Städten. Wir haben die Mannheimer Erklärung vorgestellt, also unser Bündnis für Zusammenleben in Vielfalt, und dies mit internationalen Gästen diskutiert. Die weiteren Veranstaltungen drehten sich um Indikatoren von strategischer Stadtplanung sowie das Mannheimer Modell für die Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen und strategischen Zielen, das wir bereits 2007 eingeführt haben. Damit haben wir in Mannheim viel Erfahrung. Ich habe beispielsweise unser Steuerungssystem vorgestellt und wie genau wir das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen wie die Bekämpfung von Armut und Klimawandel messen.
Wie war die Resonanz des Publikums?
Die war sehr gut. Man muss sehen, dass es sich ja um eine Fachkonferenz handelt und die Diskussionen sehr fachbezogen geführt werden. Wir haben mit unseren Veranstaltungen, aber auch der Präsenz bei Veranstaltungen, bei denen wir auf dem Podium vertreten waren, eine hohe Sichtbarkeit erzielt. Eine ganze Reihe von internationalen Organisationen hat Mannheim als sehr aktive Stadt wahrgenommen, die zu diesen Prozessen etwas beizutragen hat.
Was haben Sie für Ihre Arbeit als Mannheimer Oberbürgermeister vom World Urban Forum mitgenommen?
Dass die Uhr tickt - im globalen Sinn. Das ist uns natürlich allen bewusst, aber es wurde noch einmal besonders deutlich, dass, wenn wir die großen Herausforderungen des Klimawandels, der Verschärfung sozialer Ungleichheit und von Migration bewältigen wollen, dies weltweit auf städtischer Ebene geschehen muss. Wir haben ein existenzielles Interesse daran, dass dies gelingt und möchten unsere Expertise einbringen. Für unsere lokalen Möglichkeiten ist mir noch einmal sehr bewusst geworden, dass wir Informationen für die Bevölkerung besser aufbereiten müssen. Da gab es wirklich sehr interessante Lösungsmodelle.
Inwiefern?
Beispielsweise bei der grafischen Aufbereitung stadtteilbezogener Daten. Stellen Sie sich vor: Sie haben eine Stadtkarte, die genau zeigt, in welchen Stadtbezirken in den vergangenen Jahren wie viel investiert wurde. Dann können Sie die ganzen Diskussionen, die zu diesem Thema zum Teil recht emotional und subjektiv geführt werden, sofort rationalisieren. Das könnte man, wenn es rechtlich möglich ist, auch beim Thema Straßenkriminalität machen. Neue digitale Techniken können die politische Diskussion also stark verändern.
Die malaysische Hauptstadt Kuala Lumpur ist eine sich rasant entwickelnde Megacity, die unter dem Motto "Kuala Lumpur 2020" mehrere riesige Bauprojekte stemmt. Hatten Sie Gelegenheit, sich einen Eindruck zu verschaffen?
Wir haben oftmals den Blick, dass wir in Europa die Fortschrittlichsten sind und die anderen uns einholen müssen. Kuala Lumpur ist eine Stadt, die sich zwar nicht auf demselben Wohlstandsniveau bewegt, aber enorm schnell wächst. Man stellt sich dort denselben Herausforderungen, denen auch wir gegenüberstehen - beispielsweise in Sachen Verkehr, regenerative Energien und CO2-Vermeidung. Diese Themen werden mit großer Energie angegangen, wenn natürlich auch in einem anderen politischen Rahmen. Aber zu denken "Wir können nichts von denen lernen, sondern die nur von uns" wäre nicht nur arrogant, sondern schlichtweg falsch.