Das Stadtteilprojekt "Happyland" mit vielen Aktionen auf dem Freizeitgelände "Alter" war Teil des Jubiläumsprogramms. Foto: Gerold
Von Stefan Otto
Mannheim. Das Junge Nationaltheater Mannheim macht seit 40 Jahren Theater für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Seinen runden Geburtstag feierte das ehemalige "Schnawwl" nun nicht im eigenen Haus, sondern unter den Menschen und freiem Himmel - am "Alter" beim Alten Messplatz. Besonders im Zug der Barrierefreiheit und Diversität ging das Theater, das normalerweise im Turm der Alten Feuerwache spielt, nach draußen und beging sein Jubiläum auf dem Gelände des ehemaligen Alten Bahnhofs an der Kurpfalzbrücke.
"Wir fragen uns ganz konkret, wie wir unsere Zugangsbarrieren reduzieren, Seh- und Hörgewohnheiten im Theater erweitern, künstlerischen Experimenten Freiräume gewähren und dabei Diversität und Solidarität gestalten können", erklärte Intendantin Ulrike Stöck im Namen ihres Teams. Wie die Grußworte von Marc Stefan Sickel, dem Intendanten des Nationaltheaters Mannheim (NTM), Christoph Peichl vom Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und Achim Weizel für die Stadt Mannheim wurde ihre Rede ganz in ihrem Sinn durchweg von Gebärdendolmetschern und Flüsterübersetzern in verschiedene Sprachen übertragen. Georg Bauss’ "Handmade American Music", wie das Indie-Folk-Trio Kent Coda, welches das Programm begleitete, benötigte trotz orientalischer Rhythmen und türkischem Gesang freilich keinerlei Dolmetscher.
"Hau den Lukas" hieß das Stück, mit dem das Junge NTM im Mai 1979 eröffnete. Es gab damals noch keine feste Spielstätte, die Eröffnung fand im Jugendkulturzentrum Forum an der Neckarpromenade statt. Zwei Jahre später zog man unter das Dach der Alten Feuerwache. Nun wurden bei der Geburtstagsfeier hier Workshops gegeben und offene Konferenzen abgehalten, kritische Reflexionen unter der Überschrift "Join: Junger Diskurs", die fragten: "Wer kommt in unserer Gesellschaft nicht zu Wort? Wer erhält keine Stimme und fehlt?" Eigene Ausschlussmechanismen beleuchtete das insgesamt dreiwöchige Stadtteilprojekt "Happyland", das zum Jubiläum in Form einer Campingparzelle mit Pool und Palme Station am Alter machte und so spielerisch wie fantasievoll zahlreiche Gelegenheiten bot, sich mit dem eigenen Rassismus auseinanderzusetzen, eigene Perspektiven zu überprüfen, die ein gemeinsames solidarisches Miteinander verhindern.
Zahllose Möglichkeiten, sich einzubringen und zu äußern waren gegeben, auch was die Zukunft des Jungen NTM betrifft. Ein weiterhin "anspruchsvolles, inspirierendes und beglückendes Theater" wünschte sich etwa NTM-Intendant Sickel, eins mit "innovativen künstlerischen Ansätzen", jedoch ohne "moralischen oder pädagogischen Fingerzeig". Kulturreferent Peichl erinnerte daran, "dass auch ein Kinder- und Jugendtheater nicht immer jung bleibt". Aber er bekräftigte zudem, dass "die Sorge- und Unterhaltungspflicht der Eltern" mit 40 Jahren nicht ende.
Aufführungen nach dem anarchischen portugiesischen Bilderbuch "Hier kommt keiner durch!" sowie "Zehn Meter in den Wilden Westen" von und mit Dennis Seidel rundeten das Jubiläumsprogramm ab.