Fühlt sich in Mannheim heimisch: Zahra Alibabanezhad Salem. Foto: Gerold
Von Manfred Ofer
Mannheim. Menschen aus 166 Nationen leben in Mannheim. Rund 45 Prozent der Bürger haben einen Migrationshintergrund. Um die Interessen dieser Menschen kümmert sich seit 20 Jahren der Migrationsbeirat. Die Mitglieder engagieren sich für ein friedvolles Zusammenleben zwischen den Kulturen. Mit Zahra Alibabanezhad Salem steht seit 6. Oktober eine neue Vorsitzende an dessen Spitze.
"Wenn man etwas verändern möchte, kann man es nicht allein bei Worten belassen", erklärt Zahra Alibabanezhad Salem, was sie dazu bewogen hat, sich im vergangenen Jahr für den Migrationsbeirat zu bewerben. Der sei in Mannheim, wie sie meint, besonders gut aufgestellt und mit vielen Möglichkeiten ausgestattet. "Dazu gehört unter anderem, dass wir das Recht haben, in den Fachausschüssen der Stadt Anträge und Anfragen zu stellen und in beratender Funktion am kommunalen Gestaltungsprozess teilzuhaben", führt die 38-Jährige aus.
Das ist etwas, womit sich die Politik- und Islamwissenschaftlerin, die ihren Magister in Heidelberg gemacht hat, gut identifizieren kann. Sie möchte die große Bandbreite an Themen, die Migranten vor Ort bewegen, möglichst effizient angehen. Und wo könne so etwas besser gelingen, als dort, wo die politischen Entscheidungen getroffen werden? Also im Gemeinderat der Stadt, in die sie vor sechs Jahren mit ihrer Familie gezogen und schnell heimisch geworden ist. In Mannheim fühle sie sich mit ihrem Mann und dem achtjährigen Sohn sehr wohl.
Es ist nicht die erste lebensverändernde Reise, die Zahra Alibabanezhad Salem hinter sich hat. Ihre Eltern flohen mit ihr in den 1980er-Jahren vor dem Mullah-Regime im Iran nach Deutschland. Da war sie gerade drei Jahre alt. An Mannheim gefällt ihr besonders der internationale Charakter der Bevölkerung, die das Leben in den Quadraten mit prägt.
Zahra Alibabanezhad Salem reichte ihre Bewerbung bei der Stadtverwaltung ein - mit Erfolg. Der Gemeinderat berief sie in den 20-köpfigen Migrationsbeirat, der ein bunter Querschnitt aus Nationalitäten, Sprachen und Religionen ist. Die Mitglieder arbeiten alle ehrenamtlich. Der damit verbundene Idealismus und die Kooperation über soziale, berufliche und ethnische Grenzen hinweg, kommt der Mutter persönlich entgegen: "Ich war noch nie in einer politischen Partei, habe mich dafür aber immer ehrenamtlich engagiert". Jetzt will die 38-Jährige das auch als Vorsitzende des Migrationsbeirats tun, den sie als eine Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft sieht. "Ich möchte etwas bewegen."
Dass sie ihren Vorgänger so schnell beerben würde, hätte sie allerdings nicht gedacht. Miguel Angel Herce legte das Amt Anfang Oktober aus persönlichen Gründen nieder. Das Gremium wählte Zahra Alibabanezhad Salem als neue Vorsitzende. Sie ist die erste Frau, die desen Posten innehat. Umso höher sei jetzt die Motivation, die Möglichkeiten zu nutzen, die das baden-württembergische Partizipationsgesetz den Repräsentanten der Migranten in ihren Kommunen einräumt. "Wir können uns an vielen Stellen einbringen, indem wir Entwicklungen kritisch und konstruktiv begleiten", sagt sie.
Themen gibt es genug. So wolle sie dazu beitragen, dem Anstieg rassistischer Strömungen in der Gesellschaft entgegenzuwirken. Das sei unter anderem an der Sprache erkennbar, die sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert habe. "Da werden im politischen Diskurs diskriminierende Dinge gesagt, die man sich bis vor ein paar Jahren einfach nicht getraut hätte", sagt die Vorsitzende und sieht einen Zusammenhang mit dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl. Darum möchte sie sich unter anderem für mehr antirassistische Bildungsarbeit einsetzen. Auch ein Denkmal für die Gastarbeiter, die nach Mannheim kamen, ist im Gespräch. "Zugewanderte Menschen sind ein fester Bestandteil in der Gesellschaft."
Zudem möchte sich Zahra Alibabanezhad Salem für einen Ausbau der Sprachförderung einsetzen: "Das ist ein Schlüssel für Integration." Auch die Kooperation mit dem Jugendamt, Schulen und Kitas, möchte sie fördern. "Mir ist es wichtig, dass man Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, mit allen Rechten und Pflichten als einen Teil dieser Gesellschaft versteht". Auf diesem Weg möchte Zahra Alibabanezhad Salem mit dem Migrationsbeirat in Mannheim noch möglichst viele Meilen gehen.