Restauratorin Katrin Radermacher mit ihren Gästen vor dem Bild "Wiesenlandschaft" des Mannheimer Künstlers Eugen Knaus. Was man auf den ersten Blick nicht sieht: Hinter Blumen und Gräsern verbirgt sich ein anderes Bild - das Porträt eines Mannes. Foto: Gerold
Von Dominika Bopp
Mannheim. "Das sind die Dinge, die ganz besonders interessant sind": Die Restauratorin der Kunsthalle, Katrin Radermacher, lächelt und deutet auf das Gemälde mit dem Titel "Wiesenlandschaft". Ihre Gäste sind begeistert und staunen, als auch sie bemerken, was sich hinter dem Bild verbirgt: eine echte Überraschung.
Das Gemälde des Künstlers Eugen Knaus (1900-1976), das Teil einer Ausstellung der Kunsthalle zum Thema Landschaftsdarstellung ist, gehört zu den Höhepunkten der Themenführung "Hinter den Kulissen der Restaurierung", die am "Europäischen Tag der Restaurierung" am gestrigen Sonntag angeboten wird.
Radermacher ist Diplomrestauratorin und seit 1996 für Gemälderestaurierungen der Kunsthalle verantwortlich. Sie gibt im Rahmen der Führung Einblicke in eine Arbeit, die für den Museumsbesucher im Verborgenen bleibt. Ein einmaliger Blick also hinter die Kulissen des Museumsbetriebs.
Bevor es um die Anschauungsobjekte geht, erläutert Radermacher zunächst den Weg in den Beruf, der über ein Studium, das sowohl kunst- als auch naturwissenschaftliche Kenntnisse voraussetzt, und einjähriges Praktikum führt. Die Führung biete sie auch deshalb an, "damit das Berufsbild klarer wird", sagt sie.
Das erste Anschauungsobjekt soll die Besucher an den Arbeitsgegenstand des Restaurators heranführen. Radermacher zeigt anhand eines Beispielgemäldes die Bestandteile eines Werks und erläutert, wie Leinwand auf Holz gespannt wird, das Bild anschließend mit Leim vorbehandelt und ein Kreidegrund aufgetragen wird, auf dem der Künstler dann malen kann. Anschließend geht es in den Raum des sauberen Ateliers.
Hier arbeitet Radermacher an mehreren Kunstwerken parallel. Dort steht auch neben Bildern von Alfred Sisley, Ernst Wilhelm Nay und Wassily Kandinsky die "Wiesenlandschaft" von Knaus. Das Gemälde hat die Kunsthalle im Jahr 1933 direkt vom Künstler erworben. Bei näherer Betrachtung, während der Reinigung des Bildes, sei ihr aufgefallen, erzählt Radermacher, dass mit dem Kunstwerk etwas nicht stimmt.
Sie zeigt auf mehrere andersfarbige Stellen und Linien, die nicht zum Bild zu passen scheinen. Doch erst nachdem sie Lampen hinter dem Bild eingeschaltet hat, staunen die Besucher nicht schlecht: Hinter dem Bild wird ein anderes sichtbar. Im Hochformat offenbart das Gemälde das Porträt eines Mannes. "Es war wirklich faszinierend", sagt Radermacher über ihre Entdeckung: "Wir gehen davon aus, dass es ein Selbstporträt ist. Es muss aber noch weiter geforscht werden." Der Wert des Bildes sei noch nicht festgelegt, ergänzt die Restauratorin. Zumal über Knaus selbst, der in Mannheim geboren wurde, nur wenig bekannt sei. Nur so viel ist Radermacher klar: "Er war ein unterschätzter Künstler."
Die Restauratoren arbeiten, neben dem "unbewaffneten Auge", wie es Radermacher nennt, vor allem mithilfe des Mikroskops und verschiedener Leuchtmittel. Unter UV-Licht lassen sich beispielsweise Retuschen und Übermalungen erkennen, infrarotes Licht wiederum macht Vorzeichnungen sichtbar, und Röntgen dringt auch in tiefere Schichten und Bildträger ein.
"Zur Gemäldereinigung eignet sich Speichel", informiert die Restauratorin. Man arbeite heute allerdings mit synthetisch hergestelltem Speichel, der vorsichtig mit einem Wattebausch auf einem Stäbchen auf das Bild aufgetragen wird. Dieser eigne sich deshalb so gut für die Reinigung, weil er bestimmte Enzyme enthalte, die auch die Schmutzschicht angreifen. "Früher gab es die absurdesten Methoden zur Reinigung, die das Bild geschädigt haben", sagt sie. Auch heute noch gingen manche mit Zwiebeln an die Gemälde dran, wovon die Restauratorin aber entschieden abrät.
Sie selbst hat nach langjähriger Erfahrung keine Angst mehr im Umgang mit einem wertvollen Werk: "Aber man muss mit Respekt und Konzentration an so ein Bild herantreten."