Die Mannheimer Jusos erinnerten die Tipico-Gründer daran, auch sozialen Wohnraum auf dem Turley-Gelände zu schaffen. Foto: Gerold
Von Olivia Kaiser
Mannheim. 18 Seiten umfasst die Informationsvorlage der Mannheimer Stadtverwaltung. Darin werden ausführlich alle Fragen und Forderungen der Fraktionen beantwortet, die sich um den Verkauf der Baufelder 4 und 5 auf der Konversionsfläche Turley im Stadtteil Neckarstadt drehen.
"Es gibt nichts zu verstecken", betonte GBG-Geschäftsführer Karl-Heinz Frings. Der Investor Tom Bock hatte 2012 Grundstücke auf Turley erworben und einen Teil - besagte Baufelder - 2018 an neue Investoren verkauft. Der kolportierte Kaufpreis soll 36 Millionen Euro betragen haben. Der Turley-Deal mit seinen Hintergründen und möglichen Folgen waren am Dienstag Thema in der Sitzung des Stadtrats. Die RNZ beantwortet dazu die wichtigsten Fragen:
Wieso gab es keine Wertschöpfungsklausel in den Verträgen? Hinterher ist man eben immer schlauer. Die Konversion steckte 2012 in den Kinderschuhen. Um das Jahrhundertprojekt stemmen zu können, war die städtische Tochtergesellschaft MWSP gegründet worden. Sie sollte die Flächen vermarkten, sodass der Stadt keine Kosten entstehen. Das Turley-Areal war die erste Fläche, welche die Stadt erwarb, nachdem die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erfolglos versucht hatte, das Gelände an einen Privatinvestor zu verkaufen. Die Stadt wiederum verkaufte Teile des Geländes an Investor Tom Bock - weil er laut MWSP-Geschäftsführer Achim Judt nicht nur bauliche, sondern auch soziokulturelle Aspekte in seine Planung einfließen ließ. Man sei damals froh gewesen, überhaupt einen Investor zu finden, betonte er. In der Vorlage heißt es, man habe auf die Wertschöpfungsklausel verzichtet, weil man sie für "nicht zumutbar" hielt. Ob allerdings besagte Klausel bei den Verhandlungen zur Sprache kam oder man sie vorauseilend weggelassen hat, geht aus den Antworte der Verwaltung nicht hervor.
Geschäftsführer Achim Judt (2. v.l.) . Foto: Gerold
Wann erfuhr die Stadtverwaltung vom Verkauf der Baufelder? Ende September 2018 habe man erfahren, dass Tom Bock neue Partner suche, heißt es in der Vorlage. "Es ist nichts Ungewöhnliches, dass ein Investor im Lauf eines großen Projekts neue Partner ins Boot holt", erklärte Achim Judt. Dass es jedoch nicht nur Partner, sondern neue Eigentümer gibt, wusste man dann seit dem 2. November. Darüber wurde der Aufsichtsrat der MWSP am 10. Dezember informiert. Dem Gremium gehören Stadträte aus den Fraktionen an: CDU, SPD, Grüne und Mannheimer Liste. Die übrigen Parteien im Stadtrat haben keine Fraktionsgröße und sind außen vor. Mitglieder der Fraktionen hätten also ab 10. Dezember über die Vorgänge im Bilde sein können. Gerade bei diesen Fraktionen seien Empörung und Kritik allerdings am stärksten gewesen, so Stadtrat Wolfgang Tauber (Mittelstand für Mannheim) nicht ohne Süffisanz.
Was heißt das für die anderen Grundstücke im Besitz von Tom Bock? Der Investor hat zehn der 14 denkmalgeschützten Kasernengebäude rund um den Appellplatz saniert. Unter dem Platz soll eine Tiefgarage entstehen, dazu ist Bock vertraglich verpflichtet. Allerdings steht die Entwicklung auf Turley seit etwa eineinhalb Jahren still. Deshalb habe man die Nachricht des Verkaufs auch generell positiv gesehen, so Judt im Gespräch mit der RNZ. Man habe sich neue Impulse erhofft. Warum Tom Bock seinen vertraglichen Leistungen nicht nachkomme, wisse man nicht. Judt: "Es kann durchaus zu einer juristischen Auseinandersetzung kommen." Auch auf der Konversionsfläche Sullivan in Käfertal besitzt Tom Bock Grund und Boden. Allerdings herrscht dort eine andere rechtliche Situation, so dass laut Judt bisher keine Fristen abgelaufen sind. Die Kommune hat zudem ein Vorkaufsrecht.
Bekommen die Stadträte Akteneinsicht? Diesen Antrag hatten Bürgerfraktion, Mannheimer Liste und Grüne gestellt. Vor der gestrigen Sitzung war im Ältestenrat darüber beraten worden. OB Peter Kurz hatte vorgeschlagen, dass die Räte die Protokolle der Aufsichtsratssitzung und die Verträge mit Tom Bock einsehen können. "Eine generelle Akteneinsicht kann nicht verlangt werden", heißt es - mit Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts in Koblenz.