Auch der Rosengarten muss enorme Einbußen in der Corona-Krise hinnehmen. Doch die Kongressgesellschaft m:con macht aus der Not eine Tugend und baut ihre digitalen Veranstaltungsangebote aus. Ein virtuelles Studio wurde bereits eingerichtet. Foto: Gerold
Von Wolf H. Goldschmitt
Mannheim. Der Rosengarten ist das größte Tagungszentrum in der Metropolregion Rhein-Neckar. Gleichzeitig zählt er zu den beliebtesten Locations von Klassik bis Pop und Musical. Das Programm begeistert jährlich über 400.000 Besucher – bislang jedenfalls. Jetzt allerdings sorgen die staatlichen Veranstaltungsverbote für Stillstand und Millionenverluste. Aber die Hoffnung auf ein besseres 2021 lässt sich der Geschäftsführer nicht nehmen. Zumal der Rosengarten in Zukunft auch auf digitale Veranstaltungsangebote setzen will.
Wenn Bastian Fiedler an den 5. Juni 2021 denkt, freut er sich. An diesem Datum feiert der Chef der Mannheimer Kongressgesellschaft "m:con" einen runden Geburtstag. Und just am selben Tag will Extremsportler Joey Kelly im Rosengarten auftreten. Während der 40. Geburtstag Fiedlers sicher ist, steht hinter Kellys Multimediashow noch ein großes Fragezeichen. "Die neue Normalität eben", sagt der Chef des Kongresszentrums. Dabei passt der Titel der Veranstaltung "Geschichten aus meinem von Herausforderungen geprägten Leben" perfekt auf das vergangene Jahr des Mannheims Traditionshauses.
Denn auch Fiedler und seine rund 100 Mitarbeiter müssen täglich Hürden nehmen, um den Laden am Laufen zu halten. Der Begriff "Berufsverbot" klingt zwar überzogen, doch die erneut verordnete Schließung wegen der Pandemiefolgen beschert dem Unternehmen 200 ausgefallene oder verschobene Kongresse und Konzerte. Der geschätzte Umsatzverlust der städtischen Tochtergesellschaft liegt bei gut neun Millionen Euro. Trotz der bleiernen Zeit für das Veranstaltungsgeschäft sieht der Nachfolger von Johann W. Wagner ein Lichtlein am Ende des Tunnels.
Während andere in der Veranstaltungsszene jammern, fährt der Kongressgesellschaftschef optimistisch auf Sicht. Er gibt allerdings auch dankbar gerne zu, dass die städtische Unterstützung für seine Gesellschaft Planungssicherheit bietet. Die Stadtväter haben für ihre "gute Stube" im Haushalt bereits kräftig zugebuttert, um die Folgen der Krise abzufedern. Einen Betriebskostenzuschuss von fünf Millionen Euro gibt es ohnehin jedes Jahr für die Immobilie. Die Fixkosten liegen monatlich im sechsstelligen Bereich. Obwohl etwa 60 Prozent der Mitarbeiter zumeist Kurzarbeitergeld erhalten, stockt die Kongressgesellschaft gemäß Tarifvertrag bis zu 95 Prozent des Gehaltes auf.
"Der erneute Stopp hat uns zwar geschockt, aber wir waren nicht untätig. Inzwischen hat der Rosengarten ein modernes, virtuelles Studio bekommen", schwärmt Fiedler. Digitale Events und Hauptversammlungen, digitale oder hybride Kongresse, Web-Seminare und Live-Streams zählen zum Portfolio des jüngsten Umsatzzweigs. Der Profit der Onlinekongresse reicht noch nicht zur Deckung der Verwaltungskosten. Aber das digitale Geschäftsfeld soll den Kurs des Rosengartens künftig mitbestimmen. "Wir haben eine enge Kundenbindung, besonders an die Mediziner. Und deshalb wird der Kardiologen-Kongress im kommenden Jahr auf jeden Fall stattfinden", blickt der Manager zuversichtlich voraus. Eine Ausstellung soll es dann zwar nicht geben, dafür zahlreiche Fachvorträge in den Sälen, die weltweit online gestellt werden. Bis zu sechs andere Onlineprojekte stehen für 2021 im Kalender.
Besonders mutig sind die Pläne für zwei Finanzsymposien mit Publikumspräsenz im Sommer. "Die Messestände sind bereits verkauft. Wir rechnen insgesamt mit 2500 Besuchern, die unter Berücksichtigung aller Sicherheitsvorschriften betreut werden", kalkuliert der Geschäftsführer. Um das Risiko für die Teilnehmer zu minimieren, stehen Schnelltests und der Corona-Truck des Universitätsklinikums bereit: "Wir lassen nichts unversucht, um mit Abstand, Maske und moderner Technik eine gewisse Normalität zu schaffen", lautet Fiedlers Versprechen.
Die guten Erfahrungen aus den wenigen Veranstaltungen nach dem ersten Lockdown machen ihm Mut. "Schon damals waren wir eine sichere Location", so Fiedler weiter. Er glaubt auch daran, dass mittelfristig das Publikum wieder zu musikalischen Events kommen wird. Klassische Konzerte seien im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben nie ein Problem gewesen. Die Menschen hätten freiwillig Masken getragen, obwohl der Rosengarten wegen seiner Klimatisierung unbedenklich sei. Für Freunde von Pop und Rock hat Bastian Fiedler aber keine guten Nachrichten: "Unbestuhlte Konzerte in diesen Genres wird es wohl kaum vor dem Frühjahr 2022 geben".