Symbolfoto: Jan Woitas/zb/dpa
Mannheim. (oka) Die verbale Facebook-Entgleisung von Andreas Wüst hat Konsequenzen. Der CDU-Bezirksbeirat aus dem Stadtteil Vogelstang hatte vor knapp zwei Wochen zu einem Facebook-Beitrag von Stadtrat Gerhard Fontagnier (Grüne) geschrieben, er wolle einen Steckbrief für Stadträte erstellen und forderte Bürger zum virtuellen Erschießen auf. Jetzt ist Wüst aus der CDU ausgetreten. Das teilte Matthias Sandel, Geschäftsführer der CDU-Fraktion, am Montag mit. Außerdem habe er darum gebeten, dass man ihn von seinem Amt entbindet. Darüber entscheidet der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung am 26. Mai. Wüst hat sich inzwischen schriftlich bei Fontagnier entschuldigt.
Update: 4. Mai 2020, 19.20 Uhr
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Regelmäßig werden Kommunalpolitiker in den sozialen Medien beleidigt und bedroht. Meist handelt es sich um Personen mit extremistischen Ansichten, manche agieren mit Klarnamen, andere verstecken sich hinter falschen Identitäten. Viele Bürgermeister und Gemeinderäte haben sich mittlerweile an den Hass aus dem Netz gewohnt. Doch wenn es ein Mandatsträger ist, der seine Kollegen bedroht – egal wie erst er es meinen mag – ist eine neue Dimension erreicht.
In Mannheim ist genau das passiert. Andreas Wüst, der für die CDU im Bezirksbeirat Wallstadt-Vogelstang sitzt, hat am Dienstag einen Facebook-Post von Stadtrat Gerhard Fontagnier (Grüne), der ein Foto von sich mit einer Community-Maske postete, folgendermaßen kommentiert: "sollte aufgrund der Masken eine most wantend Liste erstelllen. Jeder Bürger darf virtuell 3 Stadträte erschießen. In freier Wildbahn erlegte Stadträte bringen Bonuspunkte". Diese Aussage ist mittlerweile gelöscht, liegt der RNZ jedoch als Screenshot vor.
Andreas Wüst sei in dieser Hinsicht kein unbeschriebenes Blatt, bedauert Fontagnier im Gespräch mit der RNZ. Er sei schon öfter durch Pöbeleien im Netz negativ aufgefallen. "Doch jetzt hat er die Grenze heftig überschritten." Dieser Meinung waren auch viele Facebook-Nutzer. Einer schickte Wüsts Kommentar mit einer Anzeige an die Mannheimer Staatsanwaltschaft und Oberbürgermeister Peter Kurz. "Die Polizei hat sich deswegen bereits bei mir gemeldet", erzählt Gerhard Fontagnier. "Ich werde regelmäßig bedroht, deshalb reagiert die Polizei da sehr sensibel."
Reagiert hat mittlerweile auch die CDU, die nach eigener Aussage erst durch die RNZ von der verbalen Entgleisung erfuhr. "Herr Wüst hat sich nun zum wiederholten Mal durch unwürdige und herabwürdigende Äußerungen auf Facebook hervorgetan", erklärte CDU-Kreisvorsitzender und Bundestagsabgeordneter Nikolas Löbel. "Es wird nun ein klärendes Gespräch der Parteispitze mit Herrn Wüst geben, in dem es um sein Verhalten und mögliche Konsequenzen für sein weiteres politisches Engagement gehen wird. Denn wer Politikerinnen und Politiker öffentlich zum Abschuss freigibt, disqualifiziert sich selbst für die Ausübung eines politischen Mandats."
Die Funktion der Bezirksbeiräte ist es, den Gemeinderat und die Verwaltung in wichtigen Angelegenheiten ihres Stadtbezirks zu beraten. Sie werden nicht direkt gewählt und haben keine Entscheidungsgewalt. Zu jeder neuen Wahlperiode schlagen in der CDU die jeweiligen Ortsverbände Kandidaten vor, über die dann der Kreisvorstand abstimmt. Von seinem Amt entbinden, kann die CDU Wüst nicht, er kann nur selbst zurücktreten.
CDU-Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz hat sich laut Fraktionsgeschäftsführer Matthias Sandel in einer E-Mail an seinen Parteikollegen gewandt. Solche Aussagen würden in der Partei weder akzeptiert noch geduldet und widersprächen den Grundsätzen der CDU, hieße es dort, so Sandel. Von Verwaltungsseite heißt es: "Die Stadt wird dies rechtlich prüfen." Eine Anfrage dieser Zeitung zu den Vorgängen ließ Andreas Wüst unbeantwortet.