Hatte er überhaupt Spaß? Morten Harket, Sänger von a-ha, sorgte jedenfalls nicht für die ganz große Stimmung vor rund 10 000 Fans in Mannheim. Foto: Gerold
Von Alexander R. Wenisch
Mannheim. Bei großen Bands ist es ja meist so: Das Publikum wartet sehnsüchtig auf diesen einen Hit. Da ist es gar keine schlechte Idee, den gleich als Opener des Konzerts rauszuhauen. So hat es zumindest a-ha gemacht: "Take On Me". Zack. Abgehakt. Und schon da schleicht sich ein seltsames Gefühl an: Ist Sänger Morten Harket unmotiviert oder nur schüchtern-nervös? Letzteres wäre verständlich, etwas Lampenfieber gehört dazu. Erst recht, weil das Konzert am Dienstag in der ausverkauften SAP-Arena das bisher größte ihrer aktuellen Tour war. 10.000 Zuschauer!
Allein: Die vornehme Zurückhaltung legt der Frontmann in den kommenden zwei Stunden nicht ab. Also doch unmotiviert? Verwaltet hier jemand den Ruhm der 80er und arbeitet mit einer letzten Tour auf die Rente hin?
Aber der Reihe nach. Nachdem sich die Norweger 2009 schon mal getrennt hatten, gelang ihnen 2017 ein wirklich hervorragendes Unplugged-Album. Die aktuelle Tour verkauft der Konzertveranstalter nun mit der Ansage: a-ha haben Lust auf Experimente. Und die Idee klingt zunächst auch spannend: Ihr Debüt "Hunting High And Low" von 1985 einmal komplett live durchspielen.
Bei näherer Analyse zeigt sich aber: Das Album hat mit dem Titelstück, "Take On Me" und "The Sun Always Shines On T.V." echte Evergreens. Es gibt aber vielleicht einen Grund, warum die übrigen sieben Songs keine Hits wurden. Live funktioniert der 80er-Synthie-Pop jedenfalls nicht; zumindest nicht in einer kühlen, wenig atmosphärischen Mehrzweckhalle. Mehr als die ersten zehn Reihen erreichen die Jungs emotional nicht. Je weiter hinten im Saal, umso gelangweilter die Gesichter des Publikums. Kaum jemand singt mit, fast niemand tanzt. Zwischen den Songs freundlicher Applaus, der meist nach 20 Sekunden erstirbt.
a-ha in der Mannheimer SAP-Arena - Die FotogalerieUnd Harket tut auch nichts, das zu ändern. Vielleicht kann er es nicht? In der ersten halben Stunde fummelt er sich immer wieder an den kleinen Monitor-Ohrstöpseln herum, gibt seinen Technikern Zeichen. Offensichtlich hört er sich nicht richtig. Anfangs liegt er auch mal mit einzelnen Tönen daneben. Was erstaunlich ist, weil Harket eigentlich eine außergewöhnliche Stimme hat. (Aber in späteren Songs spart der 60-Jährige auch so einige Falsett-Höhen aus.)
Das Akustik-Problem ist jedenfalls irgendwann behoben, doch auch dann dreht der Musiker nicht etwa auf. Kaum Ansagen zwischen den Songs. So gut wie keine Aktion zwischen Harket und seinen Bandmitgliedern Magne Furuholmen (Keyboards) und Pål Waaktaar-Savoy (Gitarre). Einmal, bei "Hunting …", lässt er mitsingen, was aber so leidlich beeindruckend ausfällt. Einmal hält er sein Mikro ins Publikum nach dem Motto: Singt mit! Aber das wirkt eher unbeholfen. Dazu schlendert, bummelt er über die Bühne in einem Radius von zwei Metern um seinen Mikroständer und singt seine Lieder runter. Er tanzt nicht, er animiert sein Publikum nicht. Er hätte auch Yoga machen können. Wäre ähnlich spannend gewesen. Jedenfalls muss die Frage erlaubt sein: Hat der überhaupt Spaß?
In der zweiten Konzert-Hälfte wird es ein, zwei Nuancen besser. Mit "Foot Of The Mountain", "Crying In The Rain", "Stay On These Roads" und dem James-Bond-Song "The Living Daylights" stehen noch ein paar Erfolge der vergangenen 35 Jahre auf dem Programm, die vom Publikum auch dankbar gefeiert werden.
Doch die Norweger schaffen es, nach jedem Hit ein, zwei unbekanntere Songs zu setzen, und schon ist die Stimmung wieder im Eimer. Zum Glück gibt es eine enorme LED-Leinwand auf der Bühne, über die vor allem stimmungsvolle Naturfilme – Wälder, Wellen, Wüsten – zu sehen sind. Da hat man was zu schauen. Wobei: Harket sieht mit hautengem Shirt noch immer aus wie ein Posterboy aus "Kuschelrock"-Zeiten. Aber über zwei Stunden trägt das eben nicht. Und am Ende ist man dann irgendwie dankbar, dass es rum ist.