Vor der Corona-Krise bot das Technoseum viele Aktionen an, bei denen Gäste und Sammler mitmachen konnten. Fotos: Gerold
Von Anna Manceron
Mannheim. Wie groß ist eigentlich eine Dampfmaschine? Wie funktioniert ein Webstuhl? Und was hat das alles damit zu tun, wie wir heute leben und arbeiten? Die Antworten auf diese Fragen findet man im Landesmuseum für Technik und Arbeit, kurz Technoseum, in Mannheim. Seit fast auf den Tag genau 30 Jahren zeigt das Museum, wie große und kleine technische Erfindungen unsere Lebens- und Arbeitswelt beeinflusst haben – vom Beginn der Industrialisierung bis heute.
Das Herzstück der Einrichtung ist die Dauerausstellung. Die zeigt und erklärt nicht nur Epochen der Technik- und Sozialgeschichte, sondern lädt explizit auch zum Mitmachen ein. Besucher können dort zum Beispiel eine Dampfmaschine in Bewegung setzen, eine Brücke bauen oder eine Fabrik planen. Zu sehen sind auch zwei berühmte Mannheimer Erfindungen: der Benz-Patentmotorwagen aus dem Jahr 1886 und die Laufmaschine von Karl Drais aus dem Jahr 1817.
Auch abseits der Dauer- und wechselnder Sonderausstellungen verfügt das Technoseum über einen erstaunlichen Fundus an Maschinen, Werkzeugen und Alltagsgegenständen. Rund 190.000 Artikel zählt die Sammlung derzeit. Darunter befinden sich durchaus skurrile Objekte. Zum Beispiel ein Fläschchen mit der Aufschrift "Blauer Heinrich", das Tuberkulosepatienten früher als Behältnis für ihren Auswurf diente. Oder eine Selbstschussanlage für Maulwürfe. "Auch das ist Technikgeschichte", erklärt Marit Teerling, Pressereferentin des Technoseums, und schmunzelt.
Die meistbesuchte Sonderausstellung war „Körperwelten“ in den Jahren 1996/1997. Foto: GeroldDas Jubiläumsjahr mit der runden 30 hatten sich die Verantwortlichen sicher anders vorgestellt. Aufgrund der Corona-Pandemie fährt das Museum – wie alle anderen Kultureinrichtungen auch – derzeit ein abgespecktes Programm. "Uns fehlen etwa 70 Prozent unserer Besucher", berichtet Teerling. Das liege zum einen daran, dass das Technoseum während des Lockdowns im Frühjahr sieben Wochen lang geschlossen war. "Zum anderen fehlten ab Mai bis zu den Sommerferien die vielen Schulklassen, die uns sonst immer besuchen kommen", so Teerling. Die kämen nun im neuen Schuljahr allmählich wieder, aber nicht in so großem Umfang wie früher. Die Verantwortliche hoffen nun auf die Herbst- und Wintersaison, wenn es draußen nass und kalt wird und erfahrungsgemäß mehr Besucher ins Technoseum strömen.
Das Gebäude soll ab 2023 erweitert werden. Fotos: GeroldWeniger Besucher bedeutet natürlich auch weniger Einnahmen. Um die Finanzen macht man sich beim Technoseum derzeit aber keine Sorgen. Als Stiftung des öffentlichen Rechts wird die Einrichtung vom Land Baden-Württemberg und von der Stadt Mannheim getragen. "Das bedeutet, dass wir auch in Zeiten einer Pandemie über eine relativ stabile und sichere Grundfinanzierung verfügen und unter den Einnahmeausfällen nicht akut leiden", erklärt Marit Teerling. Trotzdem: Die Pandemie hat den Museumsalltag verändert. Derzeit dürfen sich lediglich 500 Besucher zeitgleich im Gebäude aufhalten. "Außerdem mussten wir einige Bereiche und Stationen absperren, in denen sich Abstände nicht einhalten oder Oberflächen nicht gut desinfizieren lassen", sagt Teerling. Auch die interaktive Kinderausstellung, die für diesen Winter geplant war, mussten die Museumsmacher absagen.
Am Zeitplan für ein anderes Projekt halten sie jedoch fest: Ab November 2021 soll es eine Sonderausstellung zum Thema "Arbeit und Migration" geben. "Wir wollen zeigen, dass es schon immer Migration gab und dass Arbeit ein ausschlaggebender Faktor dafür war", erklärt Teerling. Dabei werden auch die Schicksale von Familien aus der Metropolregion beleuchtet. Um das Museum zukunftsfähig zu machen, haben die Verantwortlichen in den nächsten Jahren Großes vor. Noch sind im angrenzenden Gebäudeteil die Mannheimer Studios des Südwestrundfunks (SWR) untergebracht. Dieser plant allerdings, Ende des Jahres auszuziehen. Die frei werdenden Räume will das Land für die Erweiterung des Technoseums nutzen.
Dort soll das "Zentrum Digitaler Wandel" entstehen, dessen Schwerpunkt auf der Vermittlung von Medienkompetenzen liegt. An diesen Plänen habe auch die Corona-Krise nichts geändert, erklärt Teerling. Der Bund, das Land und die Stadt Mannheim hätten zugesagt, über mehrere Jahre verteilt 40 Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung stellen. Mit dem Beginn des Umbaus wird jedoch nicht vor 2023 gerechnet.