Auch wenn eigentlich erst um Freitag, 0 Uhr, plakatiert werden darf: Spätestens eine Dreiviertelstunde vorher war auf dem Bismarckplatz der Bann gebrochen und munter aufgehängt. Foto: Rothe
Von Katharina Kausche
Heidelberg. Auf der Mauer, auf der Lauer lagen am Donnerstagabend die Parteien. Um 0 Uhr sollte der Startschuss für das Aufhängen der Wahlplakate fallen - am 26. April genau einen Monat vor der Wahl. Eigentlich eine klare Regel, aber unter den Parteien traut man sich nicht. Zu Recht, denn mit den Regeln nahmen es die meisten wirklich nicht ganz so genau. Denn: Wer beim Plakatieren zu spät kommt, hat Pech gehabt. Plätze dürfen nicht reserviert, Plakate anderer nicht überklebt oder abgerissen werden. Die wichtigste Regel ist aber: Es geht erst um Mitternacht los. Neben einigen Tricksereien haben die Parteien die 0-Uhr-Regel auch dieses Mal erfolgreich ignoriert.
Schon um 18 Uhr flatterten bei Moritz Damm, Kreisgeschäftsführer der Grünen, die ersten Nachrichten und Fotos rein. "Die FDP hat schon Plakate aufgehängt, Neuenheim, Kirchheim, Handschuhsheim ist schon zugekleistert", sagte er. Auch Juso-Sprecher Daniel Al-Kayal hatte das schon mitbekommen. "Kaum war das Ordnungsamt zu, sind deren Verteilteams ausgeschwärmt." Bei der FDP bestreitet man das zumindest teilweise. "Wir sind erst seit 20 Uhr unterwegs", sagte Bezirksbeirat Hannes Wendling.
Während die FDP sich am frühen Abend auf die Stadtteile konzentriert, fuhren die Grünen und Linken eine andere Taktik. Nach dem Motto "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" machten sie es sich schon um 22 Uhr am Bismarckplatz gemütlich. "Für die Team-Bildung ist so eine Nacht natürlich super", sagt Damm. "Wir haben hier richtig Feierstimmung." Das Warten vertrieben sie sich mit Foto-Sessions für Instagram-Stories, Musik und Gesprächen. Auch Getränke und Snacks hatten sie dabei. "Es ist nicht unser Stil, unfair zu sein und früher anzufangen", so Damm. "Wenn die anderen Parteien aber vor 0 Uhr hier Plakate aufhängen, dann machen wir das auch." Ein bisschen tricksten aber auch sie: Angeschlossene Fahrräder sollten an den Laternen schon mal einige Plätze sichern.
Zara Kiziltas von den Linken dagegen war fest davon überzeugt: "Wir kleben nicht vor 0 Uhr." Allerdings hatte auch die SPD schon mitbekommen, dass zwei andere Parteien seit Stunden plakatieren sollen und gaben um kurz nach 23 Uhr den Startschuss am Bismarckplatz. Die Begründung: FDP und CDU haben ja auch schon angefangen.
"Wir sind im Zugzwang", sagte Damm. Noch ein paar letzte Anweisungen an das Team und dann schwärmten die Grünen mit Kabelbindern und Zangen aus. Bei den Linken zögerte man noch etwas, aber auch sie gaben schließlich nach und verteilten ihre Plakate. Kaum hingen die ersten, rollte ein Team von "Die Partei" an, parkte mitten auf dem Bismarckplatz, sprang aus dem Auto und fing an zu plakatieren. Sie seien am Bismarckplatz vorbeigefahren und hätten die "Regelbrecher entdeckt".
Neben den Verteilteams aus Helfern der Parteien war auch eine Plakatierfirma unterwegs, die gleich für mehrere Parteien Plakate aufhängte. "Die müssen also quasi mit sich selbst, um die besten Plätze kämpfen", witzelte Felix Grädler von den Grünen. Ein Mitarbeiter der Firma erklärte, dass die Parteien Ortspräferenzen angeben können. Vor Ort würde dann aber einfach der Zufall entscheiden, welches Plakat von welcher Partei hingehängt wird. Ein bisschen zu spät kam FDP, die erst kurz vor 0 Uhr am Bismarckplatz aufschlug und mit den Restplätzen vorliebnehmen musste.
Der große Kampf um die besten Plätze am Bismarckplatz - vor allem die Laternen an den Haltestellen - blieb allerdings aus, es ging zwischen den Parteien fast harmonisch zu. Sie wechselten sich an den Pfosten ab, warteten brav, bis die anderen ihre Poster aufgehängt hatten und verteilten sich vom Bismarck- bis zum Adenauerplatz. Bei der SPD und den Grünen ärgerte man sich zwar ein wenig über das frühe Plakatieren der FDP, die Stimmung bei den Verteilteams am Bismarckplatz drückte es trotzdem nicht. Man ist eben Wahlkampfprofi.