OB Würzner will Heidelbergern gleich zwei Fragen vorlegen
Kommen statt einem gleich zwei Bürgerentscheide?

Von Denis Schnur
Heidelberg. Eigentlich hat Oberbürgermeister Eckart Würzner langsam genug von Bürgerentscheiden. An diesem Dienstag befassen sich die Stadträte im Hauptausschuss (17.30 Uhr, Rathaus) bereits mit dem vierten Bürgerbegehren in seiner Amtszeit – dieses Mal geht es um die Verlagerung des Ankunftszentrums für Geflüchtete auf die Wolfsgärten bei Wieblingen. Bei den drei Initiativen davor kam es jeweils zum Bürgerentscheid, jedes Mal wurde der ursprüngliche Beschluss am Ende zurückgenommen.
Doch Würzner will auch diesmal wieder die Bürger entscheiden lassen – und zwar am besten gleich doppelt. Den Vorstoß der Wolfsgärten-Gegner, dem Bürgerbegehren einfach stattzugeben, lehnt er ab: "Das wäre doch der absolut undemokratische Weg", sagt Würzner im Gespräch mit der RNZ. Dann hätten knapp 10.000 Bürger die Entscheidung für alle getroffen. "Jetzt sollte die gesamte Bevölkerung entscheiden."
Dabei seien ihm jedoch zwei Dinge wichtig: Zum einen sollte die Beteiligung möglichst hoch sein, damit am Ende eine klare Aussage stehe. Deswegen will die Verwaltung allen Einwohnern proaktiv Briefwahlunterlagen zuschicken – um die Hemmschwelle nochmal zu senken. "Das können wir im Rahmen dieses Entscheids machen – wenn er nicht parallel zur Landtagswahl stattfindet." Zum anderen würde der OB es begrüßen, wenn der Gemeinderat selbst einen zusätzlichen Bürgerentscheid anstößt – das könnte er mit einer Zweidrittelmehrheit. Darin könnte die Bevölkerung gefragt werden, ob sie möchte, dass Patrick-Henry-Village (PHV) so entwickelt wird wie bislang geplant und beschlossen.
Hintergrund ist, dass die Wolfsgärten-Gegner das Areal als alternativen Standort vorschlagen. "Aber das wäre mit den Plänen für den Zukunftsstadtteil nicht vereinbar", so Würzner. Dafür sei die Einrichtung schlicht zu groß und zu abgeschottet: "Dann hätten wir dort ein Ankunftszentrum mit ein wenig Wohnen und Gewerbe." Würzner könne sich nicht vorstellen, dass das der Wille der Bevölkerung sei. Wenn darüber jedoch parallel abgestimmt werde, ginge es bei dem Entscheid nicht nur darum, gegen ein Projekt zu sein. Die Bürger würden sich auch mit den Folgen auseinandersetzen. "Das fände ich nicht schlecht", so Würzner.
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Denn auch wenn der OB Bürgerbegehren als sinnvolles demokratisches Instrument sieht, mit dem Bürger Entscheidungen der Kommunalpolitik korrigieren können, hat er sich in den vergangenen Jahren auch über deren destruktiven Charakter geärgert: "Immer, wenn Projekte konkret werden, wendet sich ein Teil der Bürgerschaft dagegen", beklagt er. Und häufig seien es vor allem diejenigen, die von den Plänen betroffen seien – wie beim Ankunftszentrum in Wieblingen.
Beim Bürgerbegehren gegen die Verlagerung der Einrichtung an den Rand Wieblingens haben tatsächlich überdurchschnittlich viele Wieblinger teilgenommen. Das ergab eine Auswertung der Stadt: "Dort haben 24 Prozent der Wahlberechtigten unterschrieben, in fast allen anderen Stadtteilen lag die Quote bei maximal neun Prozent", so Würzner. Da spiele leider auch eine "Not in my backyard"-Einstellung (Deutsch: "Nicht in meinem Hinterhof") eine Rolle – also der Wille, unbeliebte Einrichtungen möglichst weit weg von der eigenen Haustür anzusiedeln.
Deshalb diskutiere er mit seinen Kollegen im Städtetag darüber, ob das Quorum für Bürgerbegehren zu niedrig ist. "Ich bin großer Verfechter der parlamentarischen Demokratie", betont das Stadtoberhaupt. Sie sorge dafür, dass gewählte Vertreter abwägen, was "der Stadt Bestes" sei – und nicht nur Partikularinteressen vertreten. "Wenn die sich aber immer wieder in Bürgerentscheiden durchsetzen lassen, macht es das für uns politisch sehr schwierig."