Universität Heidelberg

Rektor Bernhard Eitel beklagt mangelnde Investitionen des Landes

Unis sollen selbst bauen dürfen - "Ich streite mich schon gar nicht mehr um ein paar Hundert Millionen"

22.10.2017 UPDATE: 23.10.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

160 Gebäude nutzt die Universität - ein Großteil davon im Neuenheimer Feld. Rektor Eitel sieht einen massiven Investitionsstau. Foto: Sommer

Von Denis Schnur

Heidelberg. An baden-württembergischen Universitäten und Unikliniken gibt es einen Investitionsstau von knapp zehn Milliarden Euro. Dies betrifft auch die Uni Heidelberg, mit etwa 30.000 Studenten die größte Hochschule des Landes. Rektor Bernhard Eitel beklagt im RNZ-Gespräch die komplizierte Zusammenarbeit mit dem Land. Er fordert Reformen - und mehr Geld.

Bernhard Eitel mit Bericht zum universitären Bau. Foto: Rothe

> Die Ausgangslage: Die Studentenzahl ist in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die von der Uni genutzte Fläche. Zudem wird für das Studium heute mehr Platz gebraucht - und der ist auch noch teurer, weil forschungsnah ausgebildet werde. "Früher brauchte ein Student einen PC, heute dazu etwa noch ein Mikroskop", erklärt Eitel. Auch die gesetzlichen Anforderungen - ob bei Brandschutz, Energieeffizienz oder Barrierefreiheit - sind heute höher. So gebe es im Neuenheimer Feld ein Chemie-Gebäude, das seit Jahren nicht genutzt werde, weil die Decken zu niedrig seien. Ein Umbau ist seit Jahren geplant. Doch dann musste zuerst das Kollegiengebäude im Marstallhof saniert werden - weil Brandschutz vorgeht. Das sieht man auch an anderen Gebäuden: Das Theoretikum im Neuenheimer Feld sollte schon lange umgebaut werden, sieht aber noch immer fast so aus wie in den 1970ern. Andere Bauten sind überhaupt nicht mehr nutzbar.

Hintergrund

> Die Kommission zur Finanzierung des universitären Hochschulbaus in Baden-Württemberg hat sich seit Anfang des Jahres mit dem Gebäudebestand der Universitäten im Land befasst. Unter Leitung von Wilhelm Krull, Vorsitzender der VW-Stiftung, hat sie

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> Die Kommission zur Finanzierung des universitären Hochschulbaus in Baden-Württemberg hat sich seit Anfang des Jahres mit dem Gebäudebestand der Universitäten im Land befasst. Unter Leitung von Wilhelm Krull, Vorsitzender der VW-Stiftung, hat sie Uni-Verwaltungen sowie Finanz- und Wissenschaftsministerium befragt.

In Empfehlungen an das Land, die Anfang der vergangenen Woche veröffentlicht wurden, beklagt die Kommission "die prekäre Lage der baulich-technischen Infrastruktur in den Universitäten", bisherige Sanierungsschritte erschienen "eher situativ und reaktiv, nicht jedoch von einer übergreifenden und langfristigen Planung geprägt".

In zwölf Empfehlungen an die Landes- und Bundespolitik pocht die Kommission unter anderem auf schnelle Investitionen, einfachere Planungsverfahren, eine Beendigung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern im Hochschulbau sowie eine eingeschränkte Bauherreneigenschaft für Universitäten. dns

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> Das Defizit in Heidelberg: Bei ihren gut 160 Gebäuden ist über die Jahrzehnte ein Investitionsstau entstanden, den die Uni auf 778 Millionen Euro beziffert, der Landesrechnungshof auf 400 bis 500 Millionen Euro. "Ich streite mich da schon gar nicht mehr um ein paar Hundert Millionen Euro. So weit ist es schon gekommen", klagt Eitel. "Fakt ist: Die Gebäude- und Raumsituation ist alles andere als befriedigend." Bei der Neuberufung von Professoren bereite das regelmäßig Probleme, da die veralteten Gebäude nicht dem Bedarf der Bewerber entsprächen und somit abschreckten.

> Das Geldproblem: Die Situation liegt laut Eitel daran, dass das Land über Jahrzehnte zu wenig Geld in den Gebäudebestand gesteckt habe: "Wir haben zu lange von der Substanz gelebt." Zudem sind Unis selbst für den Betrieb ihrer Gebäude verantwortlich. Die Kosten seien in den letzten Jahren massiv gestiegen, bei der Grundfinanzierung werde das jedoch nicht berücksichtigt.

> Das Strukturproblem: Der Weg von einem bekannten Raummangel bis zu Bau oder Sanierung sei viel zu kompliziert, so Eitel. So würde das beim Finanzministerium angesiedelte Amt "Vermögen und Bau" jede Maßnahme prüfen. Kleine könnten in der Regel gleich umgesetzt werden. Bei größeren geht der Vorschlag dagegen an die Landesregierung, die die Maßnahme in den Landeshaushalt einbringen muss. Dann muss der Landtag zustimmen, bevor mit der Detailplanung begonnen wird. "Klappt das innerhalb von fünf Jahren, ist das sogar schnell", so der Rektor. Oft würden Maßnahmen allein deshalb teurer als erwartet, weil die Planung lange dauert.

Uni und Pädagogische Hochschule wollen zum Beispiel die alte HNO-Klinik in Bergheim zur "Heidelberg School of Education" (HSE) umbauen. Vor drei Jahren lag die Kostenschätzung bei vier bis fünf Millionen. Also bildete die Universität Rücklagen von fünf Millionen Euro. Als nun das Amt endlich mit der Planung beginnen konnte, werden plötzlich Kosten von neun Millionen Euro erwartet. Der Bau liegt noch immer auf Eis: "Wir sind jetzt wieder in Verhandlungen mit dem Land, wie es weitergehen kann."

> Die Forderungen: Das Land will als Sofortmaßnahme 100 Millionen Euro in den universitären Baubestand investieren - laut Eitel "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Stattdessen müsse der Topf für Neubau und Sanierung langfristig erhöht werden - um 200 bis 300 Millionen Euro jährlich. Aber auch die Struktur müsse sich ändern: Ein Teil der Mittel solle fix in den Haushalt der Unis gehen: "Wenn ich jährlich 15 bis 25 Millionen Euro ohnehin verbaue, kann man uns das doch auch verlässlich in unsere Grundfinanzierung geben", so der Rektor. Das spare langwierige und bürokratische Antragsverfahren. Wie die Kommission fordert Eitel zudem eine kontrollierte Bauherreneigenschaft für Universitäten. Heißt: Bei kleineren Maßnahmen, und wenn Eigen- oder Drittmittel verbaut werden, soll sie Aufträge selbst vergeben. "Unter solchen Bedingungen hätten wir mit dem Umbau für die HSE schon lange begonnen."

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