Die Heidelberger Kopfklinik. Foto: Archiv
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Das Gebiss der 80-Jährigen verschwand am 22. Januar in der Neurochirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg. Aufgetaucht ist es bis heute nicht, es wird auch noch eine Weile dauern, bis Zahnarzt und Zahntechniker ein neues Gebiss gefertigt haben. Die Krebspatientin, bei der Hirnmetastasen festgestellt worden waren, sei hart im Nehmen, sagt deren Tochter Anne aus Dossenheim. Doch ohne Gebiss könne die Mutter nicht deutlich sprechen, und das sei dieser peinlich. Überhaupt sei der Zustand unwürdig, und zum Abendessen habe die Patientin weiterhin einfach das übliche Wurstbrot hingeschoben bekommen.
Am 25. Januar meldete die Tochter den Verlust bei der Stationsleitung in der Kopfklinik. Daraufhin passierte erst einmal nichts. "Ich telefonierte mit zig Leuten aus der Verwaltung", berichtete Tochter Anne der RNZ. "Keiner ist zuständig, und der Einzige, der vielleicht zuständig wäre, war telefonisch absolut nicht zu erreichen." Am 2. Februar endlich konnte sie ein Formblatt zur Erfassung von Eigentumsschäden ausfüllen. Da hatte sie schon "sämtliche Direktoren des Klinikums" angeschrieben, deren Namen sie herausgefunden hatte. Ihre Mutter hatte man inzwischen auch in der Prothetik der Zahnklinik vorgestellt, um einen Heil- und Kostenplan für ein neues Gebiss erstellen zu können. Doch bei der Tochter kam der Plan bis zum 2. Februar nicht an.
Eigentlich hielt sie sich auch nicht für zuständig: "Der Ersatz ist Sache des Klinikums." Ihre Mutter befinde sich inzwischen in einem Pflegeheim im Odenwald, sagt sie, kriege mittags Brei zu essen und abends immer noch belegte Brote, die sie kaum kauen könne.
Am 5. Februar, sagte eine Kliniksprecherin auf RNZ-Anfrage, seien Beschwerde und Antrag auf Kostenübernahme beim Mitarbeiter, der für Sicherheit und Ordnung und verlorene Gegenstände im Klinikum zuständig sei, eingegangen. Am 9. Februar bekam die Dossenheimerin nach eigenen Angaben dann eine Antwort per E-Mail. Der erste Antrag auf Ersatz sei in der Neurochirurgie nicht weitergegeben worden, habe es da geheißen. Jetzt habe man die Verlustmeldung an die Versicherung des Klinikums weitergereicht und um vorrangige Bearbeitung gebeten.
Im Universitätsklinikum weiß man nicht, warum die Verlustmeldung im Januar nicht an die richtige Stelle im Haus weitergeben wurde. "Normalerweise ist das ein Prozess, der gut funktioniert", sagte die Kliniksprecherin, "warum das in diesem Fall nicht so war, lässt sich nicht mehr herausfinden."
Wann nun die Versicherung des Klinikums die Kostenübernahme bestätigt und wie ihre Mutter aus dem Odenwald dann zu einem neuern Gebiss kommt - per Krankentransport zum Zahnarzt in der Heidelberger Kopfklinik? -, Tochter Anne hat derzeit keine Vorstellung, wie es weitergeht. Am 6. Februar war sie noch entschlossen, eine Protestaktion im Heidelberger Krankenhaus zu veranstalten. Doch das wird sie sich nun wohl sparen.