Sinnbild für Heidelberg im Winter 2020/2021: Das Schloss in Nebel, die Alte Brücke ohne Touristen. Foto: Philipp Rothe
Von Julia Lauer
Heidelberg. Normalerweise haben die Touristen die Altstadt im Griff, die Alte Brücke, die Untere Straße, das Schloss. Nicht so im vergangenen Jahr, als Corona das Reisen phasenweise völlig zum Erliegen brachte. "2020 hatten wir in Heidelberg 800.000 Übernachtungen und damit halb so viele wie sonst", berichtet Mathias Schiemer, Geschäftsführer der städtischen Marketinggesellschaft "Heidelberg Marketing". Damit gehe es Heidelberg zwar immer noch besser als anderen Städten wie zum Beispiel Stuttgart, und man habe aus den Monaten zwischen Mai und September das Beste gemacht. "Aber insgesamt ist die Lage schlimm."
Nicht nur den Veranstaltern, den Geschäften des Einzelhandels und der Gastronomie fehlt aufgrund der Reisebeschränkungen ein wichtiger Teil ihrer Kundschaft. Viele der 120 zertifizierten Gästeführer, die als Soloselbstständige tätig sind, hätten sich einen anderen Job suchen müssen, sagt Schiemer, und ebenso schwierig sei die Situation der rund 80 Hotels in der Stadt.
Mathias Schiemer.Foto: RotheSo ist das Marriott-Hotel in Bergheim mit einer kurzen Unterbrechung im Herbst nun schon seit vielen Monaten geschlossen, das Crowne Plaza in der Weststadt gab auf. Die Kette Star Inn, die ein Hotel in der Bahnstadt betreibt, meldete Insolvenz an, und das Hotel Ninety-Nine, ebenfalls in der Bahnstadt, wurde von Premier Inn übernommen. Weil Hotels nun bis mindestens 7. März keine Urlauber beherbergen dürfen, bleibt die Lage weiterhin sehr angespannt. "Es kommen zwar ein paar Geschäftsleute in die Stadt. Aber gegenwärtig haben die Hotels 90 Prozent weniger Gäste als sonst um diese Jahreszeit", berichtet Schiemer.
Dank der staatlichen Hilfen würden zwar viele Hotels überleben, wagt der Marketing-Chef zu prognostizieren. Allerdings findet er deutliche Worte für die ernste Lage der Branche: "Auf die Novemberhilfen müssen manche Hotels auch noch im Februar warten", kritisiert er. Viele Ausgaben liefen jedoch weiter, es stünden Renovierungen an, Abschlagszahlungen seien zu leisten. "Die Gelder müssen dringend ankommen", mahnt Schiemer in Richtung Bund. "Die Situation ist alarmierend."
Unterstützung wünscht er sich aber auch vom Land. "Mit uns Städten geht man zur Vermarktung gern hausieren, aber die Unterstützung fehlt", bemängelt er. Um auf die Not der baden-württembergischen Städte aufmerksam zu machen, tat sich Schiemer mit seinen Kollegen aus sieben anderen kreisfreien Städten des Landes zusammen, darunter Mannheim, Pforzheim, Karlsruhe und Freiburg. Gemeinsam verfassten sie einen offenen Brief, der vergangene Woche Bund und Landesregierung zuging. Dass das Land Ende 2020 beschloss, den Tourismus zur Wiederbelebung nach den Corona-Einschränkungen mit 4,5 Millionen Euro zu unterstützen, sei ein wichtiges Signal und sehr zu begrüßen, heißt es in dem Brief. Allerdings werde nur der ländliche Bereich gefördert und vermarktet. "Der Städtetourismus in Baden-Württemberg wurde und wird bei dieser Vorgehensweise vergessen!", beanstanden die Verfasser.
Auch die Städte bräuchten jetzt ein Marketingbudget, um die Pandemie zu stemmen, meint Schiemer. Auf der Stuttgarter Tourismusmesse CMT im Januar 2020 hatte Heidelberg noch eine Kampagne präsentiert, die die Kooperation mit der Nachbarstadt Mannheim in den Mittelpunkt rückte. "Zwei Städte, ein Erlebnis", lautete der Slogan. An dieser Ausrichtung wolle man auch weiter festhalten. "Die Städte können gemeinsam einen Blumenstrauß an Aktivitäten bieten, wir brauchen die A 656 nicht als Grenze", beschreibt er, wie er den hiesigen Tourismus auch künftig aufgestellt sieht.
Die Städte hätten ausgefeilte Hygienekonzepte, mit ihrem Angebot aus Kultur, Natur, Gastronomie und Kongressen gebe es viele Gründe, sie zu besuchen. Zudem hätten gerade die Städte in den vergangenen Jahren als Besuchermagnete an Bedeutung gewonnen. "Aber Leuchttürme müssen auch leuchten", sagt der Marketing-Chef. "Und dafür brauchen wir Geld."