Hitzige Diskussionen um Kretschmann-Aussage
Auf der RNZ-Facebook-Seite diskutieren die Leser seit Montagabend über den verbalen Fehltritt des Ministerpräsidenten.
Heidelberg/Stuttgart. (ppf) Für die einen ist die Debatte um den verbalen Fehltritt von Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) nicht gerechtfertigt, andere sehen in der Aussage des baden-württembergischen Ministerpräsidenten zur Situation der Studierenden eine tiefe Verletzung und Respektlosigkeit. Dieses Stimmungsbild zeichnet sich auch in der Kommentarspalte unter dem Beitrag auf der RNZ-Facebookseite ab. Seit Montagabend wird dort hitzig diskutiert, über 150 Kommentare wurden bis zum Dienstagnachmittag zu dem Thema abgesetzt.
Grundsätzliche Abneigung
Einige Nutzer haben die Debatte zum Anlass genommen, ihre grundsätzliche Abneigung gegenüber den Grünen zum Ausdruck zu bringen. Andere konnten sachlicher ausdrücken, was sie stört. Sascha W. schrieb, es sei "schlichtweg menschenverachtend", wie Kretschmann auf Probleme anderer reagiere. Zudem habe der Satz dazu beigetragen, Depressionen als solche zu verharmlosen. Gerade in Zeiten, in denen viele Erkrankte immer noch darum kämpfen müssen, mit ihrem Leiden ernst genommen zu werden, trage dies nicht zur Stärkung der Betroffenen bei.
Hintergrund
Ein Satz sorgt für Empörung
Für Wirbel sorgt derzeit eine Videokonferenz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der Heidelberger Landtagsabgeordneten Theresia Bauer mit fünf Studierenden. In dem einstündigen Gespräch hatten die
Ein Satz sorgt für Empörung
Für Wirbel sorgt derzeit eine Videokonferenz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der Heidelberger Landtagsabgeordneten Theresia Bauer mit fünf Studierenden. In dem einstündigen Gespräch hatten die Nachwuchsakademiker berichtet, wie es ihnen während der Corona-Pandemie ergeht, weitgehend ohne soziale Kontakte, mit geschlossenen Bibliotheken, ausgefallenen Praktika und Zukunftsängsten. Kretschmann leistete Abbitte, man habe die Studenten zu wenig auf dem Schirm gehabt. Aber diese Äußerung sorgte für einen wahren Proteststurm: "Vergleichen Sie Ihre Situation mit der anderer Menschen. Dann werden Sie sehen, dass es keinen Grund dafür gibt, depressiv zu werden."
Instrumentalisiert im Landtagswahlkampf?
Parteifreunde Kretschmanns sprangen dem Ministerpräsidenten zur Seite und bezogen sich in der Debatte auf das, was bisher von der Landesregierung unternommen wurde, um die Situation der Studierenden zu verbessern. Es sei, laut den Meinungen mancher User, nicht in Ordnung, die bisherige Leistung an einer missglückten Aussage zu messen. In Anbetracht der bevorstehenden Landtagswahlen entstand vereinzelt der Eindruck, die Debatte würde zusätzlich befeuert werden, um Stimmung zu machen. Und zum Beispiel von der CDU-Maskenaffäre abzulenken.
Dem entgegnete Claudia W.: "Empathielosigkeit kann man nicht auslegen. Solche Aussagen gehen gar nicht und jeder, der Kinder hat, die gerade studieren und/oder an Depressionen leiden, können über solche unüberlegten Aussagen nur den Kopf schütteln."
Auf die Bedürfnisse von Studierenden eingegangen
Florian K. kommentierte: "Studierende haben konkrete Anliegen formuliert, wie zum Beispiel den Zugang zum Lernort Bibliothek wieder zu ermöglichen oder gerade den Erstsemestern mehr Präsenzveranstaltungen anzubieten. Das wurde übrigens binnen weniger Tage angegangen. Vielleicht ist im Sinne von Menschen zu handeln noch wichtiger als immer die perfekte Formulierung zu treffen?"
"Wir haben Stress pur"
Auch diejenigen, um die es in der Videokonferenz eigentlich ging, die Studierenden, beteiligten sich an der Diskussion. Melonie R. berichtet: "Ich bin selber jemand, der eine Weiterbildung macht. Das Studium steht still seit einem Jahr, der Abschluss wird verschoben, Projektarbeiten von sechs Monate auf zwei runter reduziert, wir haben Stress pur. Online Unterricht findet nicht mehr statt. Ich bekomme kein Praktikum und in der Wirtschaft werden nur Leute gesucht, die Berufserfahrung haben. Praktika sind auch nicht möglich."