Heidelberger Räte pfeifen Würzner zurück
Kommunalpolitiker reagieren irritiert auf die Äußerungen des Oberbürgermeisters - Die Klage auf Rückgabe soll aufrecht erhalten werden

Die Stadträte wollen die nachgiebige Haltung von OB Würzner gegenüber den Kohlhof-Eigentümern nicht mitmachen und pochen weiterhin auf den Rückkauf der Immobilie, die einst ein Ausflugslokal war. Foto: Rothe
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Der Vorstoß von OB Eckart Würzner, den Dauerstreit um den Alten Kohlhof beenden zu wollen, war wohl ein Alleingang: Keiner der großen Fraktionen im Gemeinderat war darüber informiert, ihre Vorsitzenden waren komplett überrascht - einige geradezu verärgert: Beate Deckwart-Boller von den Grünen ist es "vollkommen schleierhaft", wieso Würzner die Klage gegen die Eigentümer aufgeben wollte: "Er hat keinerlei Andeutungen gemacht - zumal ich den Eindruck hatte, dass die Klage nicht schlecht lief." Sie habe am Donnerstag schon E-Mails von besorgten Bürgern bekommen, die Fragen, was denn da los sei - und sie habe keine Erklärung gefunden: "Solche Eigenmächtigkeiten Würzners werden zunehmend mehr. Er fühlt sich wohl wie ein kleiner König."
Auch Jan Gradel von der CDU, die eigentlich Würzner unterstützt, hätte sich eine Vorabinformation vom OB gewünscht. Matthias Kutsch, ebenfalls CDU, erinnerte daran, dass er bei der letzten Gemeinderatssitzung vor acht Tagen den OB ausdrücklich danach gefragt habe, wie es denn jetzt mit dem Alten Kohlhof weitergehe. Würzner habe ihm sinngemäß geantwortet, dass es nichts Neues gäbe und man weitere Entwicklungen abwarten müsse - also keine Andeutung davon, dass Würzner mit dem momentan dort existierenden Restaurant "Oben" leben könnte. Der Betrieb eines Lokals ist wegen eines Grundbucheintrags bis Mitte 2022 zwingend vorgeschrieben.
Allerdings, darauf wiesen Matthias Kutsch und sein Fraktionskollege Martin Ehrbar hin: Ob es momentan auf dem Kohlhof ein Restaurant gibt, ist für den aktuell laufenden Rechtsstreit unerheblich. Denn maßgeblich war der Zeitpunkt, an dem der Gemeinderat die Stadt aufforderte, die Klage auf Rückkauf einzureichen, also der Januar 2017.
Das war übrigens auch Ende März Hauptpunkt der Verhandlung vor dem Landgericht Heidelberg: Betrieben die jetzigen Eigentümer zu dieser Zeit ein Lokal? Vier Nachbarn, die als Zeugen geladen waren, verneinten das übereinstimmend - und das Gericht glaubte ihnen, gab der Stadt weitgehend Recht und empfahl Rückkaufverhandlungen. Der Gutachterausschuss taxierte den Wert des Anwesens auf zwei Millionen Euro - die die Stadt den Eigentümern zu zahlen hätte.
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Allerdings wurde spätestens zur Jahresmitte 2018 ein Lokal eröffnet: Das "Oben" hat nach eigenen Angaben von Mittwoch bis Samstag ab 18 Uhr geöffnet (oder auch an anderen Tagen, sofern mindestens sechs Personen rechtzeitig reserviert haben). Insgesamt können hier bis zu 20 Gäste Platz finden. Das Acht-Gang-Menü kostet 120 Euro (plus neun Euro für den korrespondierenden Wein im 0,1-Liter-Glas pro Gang).
An dieser relativ elitären Ausrichtung des "Oben" kann die Stadt nichts ändern, denn im Grundbuch ist nur eine Gaststätte vorgeschrieben - sei es als Pommesbude oder als Sterne-Lokal. Die große Frage ist nur, wie viele Gäste das "Oben" besuchen oder besucht haben, also ob es sich um ein öffentliches Restaurant im landläufigen Sinne handelt.
Für CDU-Stadtrat Kutsch kommt das "Oben" zu spät: "Das hätten die Besitzer mal früher machen sollen." Und Anke Schuster (SPD) hat sowieso kein Vertrauen in die jetzigen Eigentümer mehr: Ihrer Fraktion sei es immer darum gegangen, dass die vertraglichen Verpflichtungen eingehalten werden - und das bedeute, dass es "auf dem Kohlhof ein für die Öffentlichkeit zugängliches Restaurant geben" müsse.
Kutsch und sein Fraktionskollege Gradel kündigen an, "nicht nachzugeben", auf keinen Fall wolle man jetzt die Klage zurückziehen. Und Deckwart-Boller von den Grünen will den OB "bei nächster Gelegenheit" deswegen zur Rede stellen, sei es beim Grünen-Neujahrsempfang an Dreikönig, spätestens aber bei einer der ersten Ausschusssitzungen im neuen Jahr.