Fleisch auf dem Teller ist in vielen öffentlichen Kantinen immer noch normal. Dabei schaden die Treibhausgase, die bei der Tierhaltung entstehen, dem Klima. Regionale Bio-Produkte und viele fleischlose Alternativen sollen auch hier bald Abhilfe schaffen. Foto: dpa
Von Marion Gottlob
Heidelberg. Weniger Fleisch aus Massentierhaltung und mehr Bio-Produkte auf dem Teller? Die Greenpeace-Gruppe Mannheim-Heidelberg fordert von der Stadt, zügiger und ambitionierter eine Änderung des Essens-Angebots in öffentlichen Kantinen anzugehen. Martin Bösel von der Greenpeace-Gruppe sagt: "Mit dem Verzehr von Fleisch aus Massentierhaltung zerstören wir die Regenwälder und verändern weltweit unser Klima – auch zu unserem eigenen Nachteil in Deutschland."
In den Kantinen der Stadt bekommen unter anderem städtische Mitarbeiter, aber auch Kita-Kinder und Schüler ihr Mittagessen. Viele davon, etwa die Theaterkantine, oder die im Palais Prinz Carl, sind verpachtet. Die einzige Kantine unter städtischer Leitung ist die der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung im Betriebshof. In den 24 städtischen Kitas besteht ein Dienstleistungsvertrag mit der Firma Apetito, die auch die IGH sowie die zwei Gemeinschaftsschulen sowie die Graf-von-Galen-Schule beliefert. Vertraglich ist dabei bei der Essensversorgung an Kitas ein Anteil von mindestens 30 Prozent an Bioprodukten vorgeschrieben. An den Grundschulen, die vom Verein "Päd-aktiv" betreut werden, gibt es laut Stadt unterdessen maximal zwei Mal die Woche Fleisch beziehungsweise Wurst und maximal ein Mal die Woche Fisch.
Martin Bösel.Foto: HentschelFür Greenpeace ist das zu wenig. "Wir fordern, dass in städtischen Kantinen für Kinder wie Erwachsene ausschließlich Bio-Produkte verwendet werden, also kein Fleisch aus Massentierhaltung. Mahlzeiten mit Fleisch sollten nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme sein", so Bösel. Warum? Die deutsche Massentierhaltung sei möglich, weil Tiere wie Rinder, Schweine oder Geflügel mit Palmöl-Produkten oder Soja gefüttert werden. Mit diesem an Eiweiß reichen Futter gewinnen die Tiere rasch an Masse und Gewicht. Um den hohen Bedarf an Palmölprodukten und Soja zu befriedigen, werden Soja und Palmöl-Palmen auf riesigen Farmen in Südamerika, Asien und Afrika angepflanzt. Um wiederum immer größere Flächen für die Anpflanzung zu gewinnen, werden ständig neue Anteile des tropischen Regenwalds abgebrannt. "Das ist eine gefährliche Entwicklung", so Bösel. Der Regenwald sei ein wichtiger Produzent von Sauerstoff und Speicher für Kohlendioxid – und zudem ein Ort der Artenvielfalt. Mit der Vernichtung des Regenwaldes gingen auch Millionen von Arten verloren. Forscher warnen seit Jahren davor, dass der Amazonas-Regenwald sich in eine Savanne verwandeln könnte, sollte die Abholzung weiter voranschreiten. Denn ohne den Wald gibt es keine Wolken und der Regen bleibt aus.
Der Vorschlag von Greenpeace: Wer seinen Fleischverzehr einschränkt und Bio-Fleisch statt Fleisch aus Massentierhaltung zu sich nimmt, trägt direkt zum Schutz des Regenwaldes bei. Denn bei der Bio-Tierhaltung sind Soja und Palmöl-Produkte aus konventionellem Anbau strikt verboten. Zwar sieht sich Heidelberg als "Klimahauptstadt", doch andere Städte sind in ihren Bemühungen schon weiter: Nürnberg und München haben für Kitas einen Bio-Anteil von 50 Prozent verbindlich vorgeschrieben, Nürnberg strebt diesen Anteil auch für Schulen an. Auf RNZ-Anfrage heißt es aus dem Rathaus: "Der Bio-Anteil in Kitas und Schulen soll sukzessive bis 2022 auf 50 Prozent erhöht werden. Zudem sollen mehr vegetarische und vegane Angebote aufgenommen werden." Und wie viel Fleisch wird derzeit in den Kantinen verarbeitet? In der städtischen Kantine im Betriebshof seien es rund 130 Kilo pro Woche – beim Bezug aller Rohstoffe werde grundsätzlich auf Regionalität geachtet. In der Theaterkantine, die die Familie Kischka betreibt, sind es unterdessen etwa 80 Kilogramm Fleisch pro Woche.