Theater unter Corona-Bedingungen: Auch künstlerisch wird das eine spannende Spielzeit. Foto: Philipp Rothe
Sarah Hinney
Heidelberg. Freudige Erwartung und Begeisterung sind am Dienstagmorgen im Theater der Stadt mit Händen zu greifen. Es ist ein Wuseln, es wird gewerkelt, treppauf, treppab und durch die Gänge schallen fröhliche Begrüßungen. Und auch wenn die Münder hinter Masken verborgen bleiben, strahlen sämtliche Augen. Es geht wieder los.
Heute startet das Theater in seine neue Spielzeit – eine besondere Spielzeit unter Corona-Bedingungen. Besonders wird sie für Schauspieler, Musiker, Maskenbildner und für all jene, die hinter den Kulissen dafür sorgen, dass auf und vor der Bühne alles glattgeht. Besonders wird es aber auch für die Zuschauer. Intendant Holger Schultze und Verwaltungsleiter Thomas Eisenträger schauen am Dienstag dennoch voller Zuversicht in diese Saison.
Freude bei Intendant Holger Schultze, der langjährigen Verwaltungsleiterin Andrea Bopp und ihrem Nachfolger Thomas Eisenträger (v.l.). Foto: Philipp RotheFür Eisenträger ist diese Spielzeit gleich eine doppelte Premiere. Der 41-jährige Jurist war zuletzt Verwaltungsdirektor am Bremer Theater, muss sich also nicht nur in Heidelberg neu einfinden, sondern auch mit Corona umgehen – eine Herausforderung. Aber eine, die zu meistern ist, davon ist Holger Schultze überzeugt. Er sagt: "Das Theater ist einer der sichersten Orte." Da sei etwa die hervorragende Klimaanlage, zudem hat das Theater kräftig an der Sitzplatzanzahl geschraubt. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn im Marguerre-Saal gibt es statt 550 nur mehr 154 Plätze. Jeweils fünf Sitzflächen sind zwischen zwei nebeneinanderliegenden Plätzen abmontiert. Auf den ersten Blick fällt das allerdings kaum auf, optisch hat sich der Zuschauerraum durch den Eingriff nicht verändert. Ein Plausch im Foyer bei Sekt und Häppchen wird Theaterbesucherinnen und -besuchern vorerst leider nicht möglich sein. Die Stehtische sind verschwunden, es wird ein Wegekonzept geben, auf eine Pause wird verzichtet.
Sogar die Garderobe bleibt unbesetzt – Gäste werden ihre Jacken und Mäntel selber aufhängen. "Das wird vor allem im November und Dezember relevant", sagt Schultze. Dafür wird an anderer Stelle – etwa am Eingang – das Personal kräftig aufgestockt, um die Besucherinnen und Besucher einzuweisen. Fazit: mehr Personal bei geringeren Einnahmen. Schultze nickt. "Ja, es wäre natürlich schön, wenn wir wenigstens 50 Prozent der Sitzplätze hätten", seufzt er kurz. Aber der Intendant möchte sich nicht mit den Schwierigkeiten aufhalten, sondern mit guten Nachrichten in die Saison starten.
Eine gute Nachricht ist, dass schon jetzt ein Großteil der Veranstaltungen im September ausgebucht ist. Das sei eher ungewöhnlich, im September laufe die Saison meist etwas schleppend an. "Ich verstehe das. Wenn es warm ist, genießt man den Abend lieber draußen, als im dunklen Theater", sagt Schultze schmunzelnd. Aber dieses Jahr ist eben alles anders, auch die Nachfrage nach Theaterkarten. "Wer noch Karten möchte, muss jetzt wirklich schnell sein", rät Schultze. Die ersten beiden Vorstellungen für "Bunbury" sind ausverkauft, aber für die weiteren Termine der Oscar-Wilde-Komödie ab Ende September gibt es noch Tickets. Auch für die Premiere "Der Mond braust durch das Neckartal" sind noch wenige Karten zu haben.
Noch eine Besonderheit dieses Jahr ist, dass der Spielplan zunächst nur für September und Oktober gilt. Ab November gibt es dann einen neuen bis einschließlich Dezember. "Wir möchten flexibel sein und auf jede Situation neu reagieren", erklärt Schultze. Eines verspricht er aber schon jetzt: "Es gibt auch in diesem Jahr ein Lametta-Abo." Weihnachten ist also gerettet.